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Walter Ciszek

Mit Gott im Gulag

Ab 1939 wirkte der polnisch-amerikanische Jesuit Walter Ciszek (1904-84) als heimlicher Missionar in der damaligen Sowjetunion. 1904 als Sohn polnischer Einwanderer in Shenandoah (Pennsylvania) geboren, war er 1928 in New York in die Gesellschaft Jesu eingetreten.

In seinem autobiografischen Bericht "Mit Gott im Gulag. Verurteilt als Spion des Papstes" erzählt der Jesuit zunächst über seinen Entschluss, freiwillig an der "Russlandmission" teilzunehmen, zu der Papst Pius XI. 1929 in einem Brief an alle Seminaristen, "besonders unsere Söhne, die Jesuiten", aufgerufen hatte. Dazu wurde eigens ein russisches Ausbildungszentrum eingerichtet. Unter anderem studierte er die russische Geschichte und Sprache in Rom, wo er 1937 im orientalischen Ritus zum Priester geweiht wurde.

Als polnischer Holzfäller Wladimir Lipinski getarnt, gelangte er 1940 heimlich nach Russland. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in der Sowjetunion wurde der Geistliche allerdings vom NKWD, dem "Volkskommissariat für innere Angelegenheiten", enttarnt und verhaftet. Als "Spion des Vatikan" kam er in das berüchtigte Moskauer Lubjanka-Gefängnis, wo er gefoltert wurde. 15 Jahre verbrachte er in einer Reihe von Zwangsarbeiterlagern im sibirischen Gulag. Von den New Yorker Jesuiten wurde er für tot gehalten.

In seiner von jeglicher Polemik freien Lebenserinnerungen erzählt Ciszek von den zermürbenden Verhören, den Schikanen im Gefängnis und im Gulag, aber auch von seinem Ringen darum, unter diesen unmenschlichen Zuständen sein Vertrauen und Hoffen auf Gott nicht zu verlieren: "Trotz aller Härten und Leiden, die ich dort ertragen musste, hatten die sibirischen Gefangenenlager für mich einen großen Trost: Ich war wieder in der Lage, als Priester zu arbeiten. Ich konnte wieder die Messe lesen, wenn auch im Verborgenen, Beichte hören, taufen, Kranke trösten und Sterbenden beistehen."

1955 wurde er unter Auflagen freigelassen. Unter anderem durfte er das Land nicht verlassen. Es gelang ihm, einen Brief an seine Schwestern in die USA zu senden. Eine dieser Schwestern arbeitete bei einem Zahnarzt, der auch der Zahnarzt von Robert F. Kennedy war. Der Bruder des amerikanischen Präsidenten hat es dann wohl eingefädelt, dass Pater Ciszek 1963 ohne jede Vorwarnung als Teil eines Gefangenenaustauschs für zwei sowjetische Agenten ausgewiesen und in die USA abgeschoben wurde.

Nach seiner Rückkehr nach New York unterrichtete er an der Fordham Universität, die später zu einem Zentrum der östlichen Christologiestudien werden sollte. Bis zu seinem Tod am 8. Dezember 1984 widmete er sein Leben auch der Beratung und der geistlichen Führung. 1990 wurde der Prozess zur Seligsprechung von Pater Ciszek eingeleitet. Im März 2012 wurde ein Heiligsprechungsprozess formell eröffnet.

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