Jesuiten 2023-3 (Österreich-Ausgabe)

„Hier macht das Kochen viel Freude“ Der Mittagstisch der Jesuitenpfarrei in Göttingen ist gelebte Gastfreundschaft. Ehrenamtliche und Gäste berichten von ihren Erfahrungen. Montag, kurz nach 11 Uhr. Ein würziger Duft zieht durch die Küche von St. Michael: Zwiebeln, Knoblauch, Speck und Fleischwürfel brutzeln im heißen Fett. Hildegard Stobbe löscht mit Brühe ab, gibt nach und nach allerlei Gemüse in den riesigen Topf. Dazu Dutzende gewürfelte Kartoffeln, schließlich gehackte Küchenkräuter: alles gespendete Zutaten, die von freiwilligen Helfer*innen in Geschäften in und um Göttingen abgeholt werden. „Hier zu kochen, macht wirklich Spaß“, sagt die Ehrenamtliche, die in einem zweiten, etwas kleineren Topf ein weiteres Eintopfgericht zubereitet, „ohne Fleisch. Manche Gäste möchten das gerne so.“ Ob mit Fleisch oder ohne: „Was wir hier kochen, schmeckt den Gästen“, sagt Angelika Juretzka, die ebenfalls ehrenamtlich in der Küche arbeitet. „Wir kriegen jedenfalls viel Lob.“ Das motiviere sie zusätzlich, ergänzt die frühere Verwaltungsangestellte, die seit gut zwei Jahren regelmäßig beim Mittagstisch aktiv ist. Im Team kocht sie drei bis viermal monatlich für bis zu 100 Gäste. „Dabei ist es manchmal gar nicht einfach, etwas Leckeres auf die Tische zu bringen“, sagt Juretzka. Denn bevor das Team, zu dem seit vielen Jahren auch die pensionierte Schulrätin Dorothee Guttmann gehört, mit dem Kochen loslegen kann, muss erst einmal geschaut werden, was an gespendeten Lebensmitteln gerade vorrätig ist. Schließlich gelingt es aber eigentlich immer, etwas Leckeres vorzubereiten. „Das liegt auch daran, dass wir als Team – auch unter Stress – gut und gerne zusammenarbeiten“, so Hildegard Stobbe. Von den Gästen, die zum Mittagstisch kommen, weil sie ein schmales Budget oder keine eigene Möglichkeit zum Kochen haben, ist viel Lob zu hören. Dieter (58): „Ich komme, so oft es geht, weil es schmeckt und auch weil es so preiswert ist.“ Auch Andreas findet, dass man für 50 Cent in St. Michael „wirklich viel bekommt“. Als Empfänger von Grundsicherung helfe ihm das sehr, sagt der 62-Jährige, der seit rund vier Jahren regelmäßig den Mittagstisch besucht. Paul (63) erinnert sich, dass er wohl schon seit rund 30 Jahren zum Mittagstisch kommt. Es gefalle ihm dort und das Essen möge er auch – meistens. Eine Besucherin des Mittagstisches, die anonym bleiben möchte, schätzt besonders, dass sie zusätzlich zum warmen Essen oft auch noch Brot, Käse oder Wurst sowie Obst für den Abend mit nach Hause nehmen kann. Andere Besucher*innen sagen zwar nichts, wenn sie jedoch eine zweite oder dritte Portion nehmen, dann, so Hildegard Stobbe, wisse man, „dass es ihnen geschmeckt hat“. Matthias Brunnert ist langjähriger Korrespondent der Deutschen Presseagentur (dpa) für das südliche Niedersachsen. Seit Anfang 2023 arbeitet er regelmäßig ehrenamtlich für den Mittagstisch. 12 SCHWERPUNKT

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