Jesuiten 2024-3 (Schweiz-Ausgabe)

Bild: © Jaroslav Drazil: Caspars Reise (2021, Ausschnitt) jektdenken Rechnung getragen werden, indem bei allen Überlegungen die damit verbundene, unhintergehbare Autonomie und Würde eines jeden Einzelnen unbedingt Beachtung findet. Darüber hinaus kann ein heiles Miteinander aller Menschen mit und in Gott nur dann erhofft werden, wenn zuvor das unheilvolle, von der Geschichte geprägte Miteinander der Menschen gewürdigt und versöhnt worden ist. Dazu bedarf es einer Einsicht, Verantwortungsübernahme und Reue für die Verhaltensweisen und Taten auf Seiten derer, die sich an ihren Mitmenschen verfehlt haben. Es bedarf aber auch einer Würdigung des Erlittenen und der Versöhnungsbereitschaft derjenigen, die dem zerstörerischen Verhalten der anderen zum Opfer fielen. In der deutschsprachigen Theologie ist dieses Thema nicht selten mit Bezug auf das Konzentrationslager Auschwitz durchdekliniert worden, was alle Prämissen noch einmal gedanklich geschärft hat. Zugespitzt formuliert ging es dabei um die Frage, ob und wie man begründet erhoffen kann, dass sich ein im KZ vergaster Jude und Adolf Hitler in versöhnter Gemeinschaft mit und in Gott befinden. Und dies, ohne die Geschichte und die Verantwortung zu negieren und ohne die Würde der Beteiligten – beispielsweise durch billige Gnade an den Betroffenen vorbei – zu missachten. Obgleich solche Überlegungen das Denken bis zum Äußersten herausfordern, sei hier festgestellt: Man kann sie denken – eine solche heile Welt versöhnter Erlösung. Sie ist alles andere als naiv, geschichtsvergessen und die Würde und Freiheit aller geringschätzend oder missachtend. Aber sie bleibt Hoffnung – aus guten Gründen! Florian Kleeberg ist Lehrbeauftragter für systematische Theologie und Dogmatik. Er empfindet es als heilsam, wenn sich Menschen durch seine Impulse weiterentwickeln. 21

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