Im Kreuz ist Heil und Leben Gedanken von P. Bruno Brantschen SJ zum Fest „Kreuzerhöhung“ am 14. September Die Ursprünge dieses Festes gehen auf den 14. September 325 in Jerusalem zurück. Damals wurde in der neu geweihten konstantinischen Basilika über dem Heiligen Grab das aufgefundene Kreuzesholz Jesu dem Volk zum ersten Mal zur Verehrung gezeigt („erhöht“). – Damals wie heute ist für viele die Botschaft vom gekreuzigten Jesus sperrig. Wieso sollte sein Kreuzestod vor 2.000 Jahren für uns heute heilsam sein? Liebe Leserin, lieber Leser, offen gestanden arbeite ich mich selbst immer wieder an solchen Fragen ab. Ein Zugangsversuch für mich: Das Kreuz ist ein Weg der Tiefenerkenntnis. Es hält dem Menschen den Spiegel vor und legt offen, wer er mit seiner lichten und seiner dunklen Seite ist. Noch tiefer: Es offenbart, wer Gott ist. Weg der Selbsterkenntnis In der Passion klingt jedes Register menschlicher Gewalt und Abgründigkeit an. Die engsten Vertrauten verraten, verleugnen und verlassen Jesus trotz aller Freundschaftsbeteuerungen. Die Widersacher unterwerfen Jesus einem ungerechten Schauprozess. Unwahrheit, Zynismus und Brutalität brechen sich Bahn. Eine Soldateska gerät in Gewaltrausch. Eine johlende Menge lässt sich mitreißen. Ein feiger römischer Statthalter fällt das ungerechte Todesurteil über einen Unschuldigen. Bis aufs Blut malträtiert und missbraucht, wird Jesus draußen vor der Stadt an den Schandpfahl des Kreuzes genagelt. Geifernde Häme vollendet das grauenvolle Schauspiel. „Anderen hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen. Der Messias, der König von Israel! Er soll doch jetzt vom Kreuz herabsteigen, damit wir sehen und glauben.“ (Lk 23,35 ff.) In den Augen der Umstehenden verendet und scheitert auf Golgatha ein Verbrecher schmählich unter Kriminellen. Mitten in dieser Gewaltszenerie kehrt der Blick immer wieder zu Jesus zurück, wie er sich freiwillig und wehrlos seinen Feinden ausliefert, immer schweigsamer wird, grausam leidet, in der Erniedrigung würdevoll bleibt und am Kreuz „erhöht“ mit dem Schrei der Gottverlassenheit stirbt. Wofür Jesus in Wort und Tat brannte, scheint ohne Echo geblieben. Weg der Gotteserkenntnis Beim anbrechenden Licht des Ostermorgens beginnen die Jünger*innen zu verstehen: Wer Jesus sieht, erkennt seinen Vater. Dieser bleibt selbst in jedem menschlichen Abgrund tragender, heilender Urgrund. Für den Evangelisten Johannes wird die „Erhöhung“ Jesu am Kreuz der Ort der lebensspendenden Gegenwart eines Gottes, der „die Welt so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat“ (Joh 3,16). Dieser liebende Urgrund bleibt nicht „oben in den Himmeln“, unberührt von menschlichem Schicksal. Gott ist nicht nur in den Höhen des Glücks und der Freude zu finden. Gott ist überall. Seine Liebe zieht es tief „nach unten“ in jede Hölle des Menschen. Im ohnmächtigen, unschuldig leidenden Jesus fließt die heilsame Kraft Gottes all den vergessenen Opfern und geschundenen Geschöpfen der Geschichte zu. In Jesus, der seinen Vater um Vergebung für seine Henker bittet, bleibt Gottes barmherzige Geistlicher Impuls 22 GEISTLICHER IMPULS
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