Gott einen Ort sichern Sr. Franziska Madeleine Fichtmüller CCR hat sich Madeleine Delbrêl als Namenspatronin ausgesucht. Wir haben die evangelische Benediktinerin gefragt, warum sie sich für diesen Namen entschieden hat. Seit meiner Profess trage ich den Namen Madeleine. Am Beginn stand ein Buchtitel. Gerade war ich in die Communität Casteller Ring eingetreten, da fiel mir das Buch Gott einen Ort sichern ins Auge. Ich blätterte und schaute in offene wache Augen, die mich vergnügt und gütig ansahen: Madeleine Delbrêl. Madeleine bringt vieles ins Wort, das mir wesentlich geworden ist. Und geht darüber hinaus, lockt mich zu größerer Unmittelbarkeit, Hingabe, Entschiedenheit – zur Bewegung der Liebe. Ich heiße Franziska Madeleine. Tauf- und Professname gehören zusammen. Es geht nicht um Nachahmung. Es geht mit Madeleine darum, das Evangelium heute „in uns Fleisch werden zu lassen“, „Inseln göttlicher Anwesenheit“ zu sein für alle Menschen, „Christ [zu] sein in einer Welt ohne Gott“ mit „Liebe als einziger Aufgabe“. Biografisch heilsam war für mich, wie Madeleine in Ivry mit den Kommunist*innen zusammen gegen Leid und Not wirkte, ohne den Atheismus zu bemänteln. Ich bin in der DDR aufgewachsen. Zur Staatsdoktrin gehörte ein aggressiver Atheismus. Eine Weile sympathisierte ich mit den „Verheißungen“ einer gerechten Gesellschaft im Kommunismus. Aber ich erlebte, wie der öffentliche Raum dicht gemacht wurde für christliches Leben, christliche Rede von Gott. „Gott einen Ort sichern“, das versuchten meine Eltern und das versuchte auch ich. Es schien mir notwendig. Auch wenn ich das als Kind noch nicht er- oder begründen konnte. Ich stand im Gegenwind. Angefochten hielt ich mich am „Dennoch“ aus Psalm 73 fest. Doch der Zweifel war längst gesät. Und nahm mir für einige Jahre den Glauben. Bevor Madeleine „von Gott überwältigt“ wurde, war sie Atheistin. Dann lebte sie als engagierte Christin in der Arbeiterstadt Ivry. Dort setzte sie sich gemeinsam mit den Kommunist*innen gegen vermeidbares Leid ein. Zunächst dachte sie, sie könnte den Kommunist*innen ihren Atheismus lassen und selbst Gott behalten. Dann erkannte sie die Unvereinbarkeit mit dem Evangelium: Gottes- und Menschenliebe gehören untrennbar zusammen. Aber sie ließ sich nicht in eine Gegnerschaft zu den Kommunist*innen drängen. Radikal lebte sie das Liebesgebot, das Gott und allen Menschen gilt. Sie brauchte „Gott keinen Ort sichern“. Sie war, wie alle, die sich vom lebendigen Gott „überwältigen“ lassen, die „Gott in sich Fleisch werden lassen und ihn dorthin bringen, wo man sich selbst befindet“, eine „Insel göttlicher Anwesenheit“. Und das geht an jedem Ort und im jeweiligen Heute. Also auch in einem evangelischen benediktinischen Kloster. Sr. Franziska Madeleine Fichtmüller CCR war vor ihrem Eintritt in das Benediktinerkloster Schwanberg in der Pflegebildung und später in der evangelischen Erwachsenbildung und Verkündigung tätig. Jetzt begleitet sie Menschen im Kloster auf Zeit und im FriedWald. So und in ihrem Dienst als Prädikantin (KFU) lebt sie ihr „Apostolat“. 12 SCHWERPUNKT
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