Carolin Holfeld ist seit zehn Jahren als Gemeindereferentin im Bistum Görlitz tätig. Mit Madeleine Delbrêl teilt sie die Leidenschaft für Musik. Von der Trennung von Kirche und Welt Madeleine Delbrêl hadert mit der Abschottung der Kirche in ihrem Umfeld. Doch wie fühlt sich Kirche in der extremen Minderheit an? Ein Erfahrungsbericht aus Brandenburg von der Gemeindereferentin Carolin Holfeld. „Hast du eigentlich auch Freund*innen außerhalb der Kirche?“ Lange überlegen brauche ich da nicht: „Nein!“ Kirche und Welt. Zwei Dinge, die besonders in meiner Heimat Cottbus in Südbrandenburg getrennt betrachtet werden. Mit einem Bevölkerungsanteil von 3,6 Prozent nimmt die Katholische Kirche eine Randstellung ein. Trotzdem lebe ich in einer kirchlichen Blase: Aufgewachsen in einer katholischen Familie, erhielt ich statt des Ethik-Unterrichts in der Schule Religionsunterricht in der Pfarrei, statt der Jugendweihe das Sakrament der Firmung. Statt auf Dorfpartys verbrachte ich meine Freizeit in der Jugendgruppe der Pfarrei und im Jugendhaus des Bistums. Dort begegnete ich Menschen, die bis heute zu meinen engsten Freund*innen zählen. Ich studierte nicht an einer staatlichen Uni, sondern in einem kircheneigenen Seminar in Freiburg, um Gemeindereferentin zu werden. Bis heute besteht mein Familien- und Freundeskreis fast ausschließlich aus Menschen, die in dieser kirchlichen Binnenwelt leben. Zahlreich sind meine Erlebnisse, wie konträr ich die „Kirchenwelt“ und die „äußere Welt“ erlebe. Besonders deutlich wird dies für mich am Osterfest. Wenn ich von der Osternacht als Höhepunkt der Karwoche nach Hause fahre, ist die Stadt leer, kein Mensch unterwegs, keiner feiert. In mir tobt das frohlockende Halleluja! Ich möchte es freudig hinausrufen. Doch es umgibt mich eine Welt, die das nicht hören will. Ich frage mich: Wer teilt diese Erfahrung außerhalb der Kirchengemeinde mit mir? Diese Momente verlangen von mir ein echtes Aushalten. Aushalten, dass der Großteil der Menschen in der Stadt den Glauben anscheinend nicht sucht. Gleichzeitig muss ich meine eigene Beklemmung und auch die Zurückgezogenheit einer Kirche aushalten, die sich um sich selbst dreht und oft gar nicht nach außen dringen will. Trotzdem bin ich nicht abgekapselt. Ich stehe vor den normalen Herausforderungen des Lebens wie jede andere berufstätige Frau und Mutter. Gleichwohl finde ich Kraft, Hoffnung und Mut in diesem Umfeld, in meiner Heimat Kirche. Denn sie ist mehr als ein Milieu: Hier finden Menschen zusammen, die ihrem je eigenen inneren Suchen und Fragen Antworten geben. Das ist auch ein Teil von Welt. Der scheinbaren Trennung bin ich müde geworden. Die Welt als Ganzes ist mir heilig, und da gehört Kirche hinein. Um Kirche in der Welt erfahrbar zu machen, zu erleben und dafür einzustehen, trete ich jeden Morgen neu an. 14 SCHWERPUNKT
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