Schwester Teresia Benedicta Weiner OCD ist Ärztin und Priorin im Karmel Regina Martyrum Berlin. Sie ist Tanzleiterin für „Bibel getanzt“. Im Rhythmus der göttlichen Liebe Was hat Gehorsam mit der Lebensfreude eines Tanzes zu tun? Schwester Teresia Benedicta Weiner OCD teilt mit uns die Bedeutung des Gedichts Ball des Gehorsams für ihr Leben. Am Vorabend des 15. Oktober 1933, des Festes der heiligen Teresa von Ávila, tritt die jüdische Philosophin und Katholikin Edith Stein (1891–1942) in den Kölner Karmel ein. Am selben Tag bricht Madeleine Delbrêl mit zwei Gefährtinnen nach Ivry, einen Pariser Vorort, auf, um als Sozialarbeiterin den Menschen nahe zu sein. Beide Frauen durchleben in ihrer Jugend eine tiefe Sinnkrise. Beide werden durch Teresa von Ávila inspiriert bei ihrer Suche nach der Wahrheit. Auch Madeleine Delbrêl zieht es zunächst in den Karmel, sie verzichtet aber aus Rücksicht auf ihre Eltern darauf. In ihrem 1949 verfassten Gedicht Der Ball des Gehorsams beschreibt Madeleine Delbrêl Gott als Tänzer, der uns einlädt, am Tanz seiner Schöpfung, am Tanz des Lebens teilzuhaben. Das Bild des Tanzes hat etwas Frohmachendes und Leichtes: „Schwerelos sein. Und vor allem: Man darf sich nicht versteifen, sondern ganz mit dir eins sein.“ Sich im Tanz führen zu lassen, ohne zu „wissen, wohin der Tanz führt“, zeigt sehr eindrücklich, was der Gehorsam gegenüber Gott bedeuten kann: Ihm mein Leben anvertrauen – ein Sich-Loslassen, Ein-lassen und Über-lassen, durchlässig werden für die Musik der göttlichen Liebe, die sich nach Antwort sehnt. Madeleine Delbrêl lebt bewusst den Alltag ohne Trennung zwischen profan und sakral: „Lehre uns, jeden Tag die Umstände unseres Menschseins anzuziehen wie ein Ballkleid.“ Hier wird der Gehorsam gegenüber den Menschen und den Zeichen der Zeit deutlich: im Hören auf die Bedürfnisse des anderen, im Einschwingen auf die Herausforderungen des Alltags. Darin kann sie alle Gottsuchenden ansprechen. Gelebter Gehorsam, also mit dem ganzen Menschsein ausgerichtet sein auf Jesus Christus, der ganz mit dem Vater eins ist, lädt alle Christ*innen ein, dieser Lebensspur zu folgen, ganz gleich, ob in einer Ordensgemeinschaft oder außerhalb. Der Ball des Gehorsams begegnete mir erstmals 2002 in der Lesehore am Vorabend meiner Ersten Profess. Er ist für mich zugleich eine Brücke zu meiner Leidenschaft für den Meditativen Tanz, den ich Jahre zuvor entdeckt habe und der mir Kraft- und Lebensquelle ist. Ich erinnere mich, wie ich kurz vor meinem Ordenseintritt ganz bewusst ein letztes Mal an einem Tanzwochenende teilnahm. Ich wurde eines Besseren belehrt und konnte in meinem über 20-jährigen Ordensleben viele Male tanzen. Mit Madeleine Delbrêl möchte ich beten: „Gib, dass wir unser Dasein leben wie einen Tanz, in den Armen deiner Gnade, zu der Musik allumfassender Liebe.“ Text auf dem Bild links aus: Madeleine Delbrêl: Deine Augen in unseren Augen – Die Mystik der Leute von der Straße Bild: © elmue/photocase.com (Collage) 7 SCHWERPUNKT
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