Jesuiten 2025-2 (Österreich-Ausgabe)

P. Adrian Kunert SJ ist Krankenhausseelsorger in Berlin. Er ist Lobpreisleiter, schreibt christliche Lieder und ist Herausgeber des Liederbuches XPRAISE. All ihr Völker, lobet den Herrn! Wer singt, betet doppelt, heißt es. Das gilt nicht minder für das Beten, das Gott lobt. Jesuitenpater Adrian Kunert erzählt, wie der gesungene Lobpreis ihm hilft, Blockaden zu überwinden. Ein altes Ehepaar sitzt nebeneinander auf einer Bank. Sie sagt plötzlich: „Wir sind über 40 Jahre verheiratet. Du hast mir in diesen Jahren überhaupt nicht mehr gesagt, dass du mich liebst.“ Er schaut sie an und antwortet: „Aber das habe ich dir doch damals gesagt. Ich melde mich schon, wenn sich da was ändert.“ Mussten Sie jetzt etwas lächeln? Wir Menschen funktionieren ja so nicht. Gutes, Schönes, Wahres muss immer wieder thematisiert werden, damit es seine Kraft und Strahlkraft nicht verliert; denn so fülle ich mein Herz damit. Richte ich meinen Blick nur auf Belangloses, Zweifelhaftes und Schlechtes, was die anderen wieder gemacht haben, wird sich auch mein Herz und Blick verfinstern. Ich nehme immer mehr nur noch Verfinsterung wahr, Gutes nicht mehr; und ich komme auch nicht mehr ins Danken über die vielen kleinen und großen Geschenke anderer Menschen und Gottes. Für Ignatius ist der Undank die Wurzel allen Übels. Er weiß, dass das Zentrum von allem die Liebe ist. Liebe aber ist gegenseitiges Geben und Empfangen. Das Wesen Gottes selbst ist ewiges Sich-Verschenken und Sich-Empfangen. Der Undankbare weigert sich anzuerkennen, dass er sich empfängt und verschenkt. Er blockiert sich gegenüber dem Verströmen des Liebens und Schenkens Gottes (nach P. Willi Lambert SJ). Die geistliche Übung gegen die Undankbarkeit ist das Danken – jeden Tag neu zu entdecken, was mir Gott alles direkt oder über meine Mitschöpfung schenkt. Tagsüber bin ich aber oft blockiert von vielen Dingen; ob es die tägliche Arbeit, die Sorge um diesen oder jenen Kranken ist, ob es die Anliegen sind, die mir die Menschen mitgeben, damit ich für sie bete, ob es eigene geistliche Taubheit oder ritualisiertes Gebet ist ... Es fließt oft nicht so zurück, wie es könnte, dem angemessen, wie mein liebender Gott mich beschenkt. Darum bin ich froh, dass ich schon während des Noviziats 1988 den Lobpreis in den Psalmen und ihre modernen Vertonungen entdecken durfte. Die Psalmen bestehen gefühlt zu 50 Prozent aus Lobpreis. Da wird Gott gedankt für das, was Er ist, was Er getan hat und tut, dafür, wie Er sich mir zuwendet und Gemeinschaft begründet, wo vorher Vereinzelung und Tod waren. Der Lobpreis, den ich entdecken durfte, öffnete mir durch seine Schlichtheit oftmals innerhalb kürzester Zeit den Weg zum Danken. Dabei waren die Lieder, die Worte der Heiligen Schrift wiederholten, oft die besten. Ich singe sie noch heute. Manchmal aber, gerade beim gesprochenen Stundengebet, zieht es sich etwas. Dann entdecke ich, dass sich eine Melodie einstellt. Den Hymnus oder den GeDANKen vor Gott bete ich dann nicht nur einmal, sondern wiederhole ihn wieder und wieder. Mein gesprochenes Gebet scheint mir oft schwach. Wenn es sich aber mit dem Lied verbinden darf, spüre ich, wie es mich erhebt und ich Dinge dann wie aus einer anderen Perspektive sehe, aus Seiner. Denn „Loben zieht nach oben. Und Danken schützt vorm Wanken“, wie es in einem alten Sprichwort heißt. Bild: © Panka Chirer-Geyer: BeSinnlich (Auscschnitt) 14 SCHWERPUNKT

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