Jesuiten 2025-2 (Österreich-Ausgabe)

Margit Braun ist Supervisorin (DGSv) und arbeitet derzeit in der Personalentwicklung im Erzbistum Hamburg. viel ruhiger in die Situation mit meinen Eltern gehen”. Vielleicht ist Ihnen bei dieser kleinen Übung aufgefallen, dass konkret formuliertes Lob besser nachvollziehbar ist und somit eine stärkere Bedeutung entfaltet. Dies hat, so meine ich, eine direkte Auswirkung auf die Empfängerinnen und Empfänger. Ein eindeutiges Lob aufgrund der Wertschätzung für eine bestimmte wahrgenommene Arbeitshaltung oder die Art, Gespräche zu führen, wird als authentisch und wertschätzend identifiziert. Es gibt dem Gegenüber das Gefühl, gesehen zu werden. Eine entscheidende Rolle spielen neben der Formulierung eines Lobes auch dessen Ort, die Art und Weise der Übermittlung, etwa per E-Mail, am Telefon, zwischen Tür und Angel oder indirekt über eine andere Person. Sicherlich bleibt jedoch das persönliche Gespräch die wertvollste Form der Anerkennung. Nicht zuletzt, weil es die Möglichkeit bietet, die Ich-Botschaft ins linke Ohr des Gegenübers zu sprechen. Vielleicht haben Sie es auch schon erlebt, dass Sie gleichzeitig Lob und Kritik von Ihrem Vorgesetzten oder einem Mitmenschen erhalten haben. Da es vielen Menschen schwerfällt, positive Anerkennung auszusprechen, werden Lob und Kritik häufig vermischt. Eines schwächt das andere dadurch ab. Bei dieser Verknüpfung in der Kommunikation sind die Empfängerinnen und Empfänger aber zunächst auf das Entschlüsseln der Botschaft konzentriert. In diesem Fall wird die Kritik oft klarer wahrgenommen, während das Lob möglicherweise nicht die gewünschte Wirkung entfaltet oder sogar ganz überhört wird. Das ist zu bedenken, wenn Lob motivierend und wirkungsvoll sein soll. Entscheidend finde ich eine reflektierte Haltung, die einen achtsamen und wertschätzenden Blick auf verschiedene Menschen und Situationen entwickelt, um dadurch immer passender ein glaubwürdiges und gezieltes Lob aussprechen zu können. Der Philosoph Martin Buber sagt: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ Das meint die Begegnung mit Menschen, mit Gott und mit sich selbst. In dieser inneren Auseinandersetzung mit mir sollte ich nicht nur dem inneren Kritiker, der ständig und hartnäckig auf die vermeintlichen Schwächen hinweist, Gehör und eine Bühne geben. Vielmehr sollte ich auch meiner lobenden Stimme im Inneren auf die Bühne der Selbstreflexion helfen. Denn ihre Präsenz kann meinen Blick auf das lenken, was mir gut gelungen ist und wo ich meine Ziele erreicht habe. Sie unterstützt mich dabei, das Positive in meinem Leben zu erkennen und zu würdigen und öffnet sozusagen den Bühneneingang für passendes Eigenlob. Diese Integration der lobenden Anerkennung stärkt das eigene Selbstwertgefühl und festigt die innere Bereitschaft, wertschätzend auf Mitmenschen zu blicken. Personen, die sich beruflich und auch persönlich weiterentwickeln wollen und ihre Fähigkeiten, Erfolge und Potentiale kennen, finden oft einen leichteren Zugang zu intrinsischen Veränderungsprozessen. Wie könnte es gelingen, der „lobenden Stimme“ ein zuverlässiges und quasi unbefristetes Engagement auf der inneren Bühne zu geben? Ein hilfreicher Vorschlag ist vielleicht das Führen eines Selbstlob-Tagebuches über einen festgelegten Zeitraum, beispielsweise vier Wochen. Notieren Sie sich täglich zwei bis drei Situationen oder Begegnungen, in denen Ihnen etwas gut gelungen ist, oder in denen Sie mit sich selbst zufrieden waren. In jedem Fall: Loben lohnt sich. Denn in einer Gemeinschaft, in der Lob und Anerkennung kultiviert werden, kann ein Raum entstehen, in dem Menschen sich sicher fühlen, wachsen und sich gegenseitig unterstützen. Bild: © Panka Chirer-Geyer: Go with the flow II (Ausschnitt) 21 SCHWERPUNKT

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