Lob der Gegenwart Wer lobt, muss nicht zu allem Ja und Amen sagen. Gedanken zur lobenden Haltung gegenüber Gott und sich selbst teilt Jesuitenpater Sebastian Maly. Vielleicht kennen einige von Ihnen die Satire „Ein Münchner im Himmel“ von Ludwig Thoma. Den Münchner Bahnhofsbeamten Alois Dingerl trifft bei der überhastet ausgeführten Erledigung eines Auftrags der Schlag. Er stirbt und kommt in den Himmel, wo er als Engel Aloisius auf einer Wolke sitzen und nach einem klar geregelten Stundenplan wechselweise frohlocken und „Hosianna!“ singen soll. Da ihm diese neuen Aufgaben nicht zusagen und er für einigen Aufruhr im Himmel sorgt, wird er von Gott zurück nach München geschickt. Er erhält den Auftrag, der bayerischen Landesregierung die göttlichen Ratschläge zu überbringen. Leider ‚versumpft‘ der Engel Aloisius während der Ausführung des Auftrages im Hofbräuhaus, weswegen die bayerische Landesregierung bis heute vergeblich auf die himmlischen Ratschläge wartet. Als ich als Jugendlicher diese Satire zum ersten Mal hörte, fühlte ich mich sofort solidarisch mit dem Engel Aloisius: den ganzen Tag im Himmel auf einer Wolke sitzen, frohlocken und Hosianna singen – wie langweilig! Ich dachte dabei an für mein Empfinden wenig erhebende Lieder im Gottesdienst, in denen es darum ging, Gott zu loben. Aber dabei schwang auch eine andere, tiefere Frage mit: Warum soll ich eigentlich Gott loben und preisen? Was hat er davon? Er weiß ja schon längst, dass er der Größte ist. Und so ganz ohne Einschränkung will ich Gott auch gar nicht loben. Denn längst nicht alles in der Welt oder in meinem Leben ist so toll, dass ich ihn dafür preisen möchte. Später habe ich dann entdeckt, welch mitreißende zeitgenössische Lobpreismusik es gibt oder wie einfache Taizé-Gesänge das Herz zum Lob Gottes emporschwingen können. Am tiefsten verstanden, was es bedeuten kann, Gott zu loben, habe ich allerdings in der Übung des kontemplativen Gebets. Bei meinem ersten Kurs „Kontemplative Exerzitien“ vor vielen Jahren sollten wir Teilnehmenden nach verschiedenen Übungen mit der Silbe „Ja“ meditieren. Wir sollten in der Stille dieses Wort innerlich mit dem Ausatmen sagen und dabei auf den inneren Klang dieser Silbe lauschen. Natürlich hat die Silbe „Ja“ im Deutschen auch eine bestimmte Bedeutung. Deswegen sagte der Exerzitienbegleiter, dass man es nicht so verstehen solle, dass man in der Meditation nun zu allem „Ja“ sagen würde. Man solle sich dem Klang des Wortes überlassen und sich so in die Ausrichtung auf die Gegenwart Gottes führen lassen. Ich hatte während der Exerzitien schon mit allerlei unschönen Gedanken, mit Trauer und Schmerz sowie mit Rückenschmerzen zu kämpfen gehabt. Das für mich Erstaunliche war nun, dass dieses Meditieren mit dem „Ja“ etwas in meinem Inneren zu öffnen schien. Irgendwie hatte ich die ganze Zeit den Wunsch, zu all den unangenehmen Gedanken, Gefühlen und Schmerzen irgendwie doch heldenhaft „Ja“ sagen zu können. Das funktionierte nicht. Stattdessen stellte sich nun langsam etwas anderes ein: Ich konnte all das, was ich ablehnte, an mich heranlassen. Die schweren Gedanken und Gefühle blieben da, bekamen ihren Platz und ihre Aufmerksamkeit, aber auch nicht zu viel. Dadurch entstand nun gleichsam wieder Raum für gute Erinnerungen, für das stille Warten auf Gott. Ein Satz ging mir durch den Kopf: 22 GEISTLICHER IMPULS
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