cat – Hochpreiset, um dann „die Größe des Herrn“ zu besingen, die sich in seinen Großtaten zeigt. Ich meine, diese unterschiedlichen Facetten auch in den unterschiedlichen Kompositionen herauszuhören: Die einen „jubeln/hochpreisen“ (zum Beispiel C. P. E. Bach), die anderen besingen „die Größe des Herrn“ (etwa B. Zelenka). Das ist eine subjektive Deutung. Doch beides durchdringt sich; unmöglich, das eine vom andern zu trennen. In jedem Fall nimmt die Musik mich mit – als Musiker und als Zuhörer. Das Zusammenspiel des Chores, der Solisten und des Orchesters setzt den komponierten Lobpreis Gottes in Klang um. Es ist ein Zusammenwirken aller. Jeder trägt etwas dazu bei. Alle spornen sich gegenseitig an. Aber auch als Zuhörer bleibe ich keineswegs nur passiv. Wenn ich mich von der Musik anrühren, begeistern, mitnehmen lasse, dann jubelt auch mein Geist „über Gott, meinen Retter“. Das Lob Gottes, seine Verehrung im liturgischen Gesang, hat eine lange Tradition im Gottesdienst. Mit dem II. Vatikanischen Konzil setzte sich eine differenziertere Sicht darauf durch: In einem ersten Schritt wendet sich zunächst Gott uns zu (sein „Dienst“ an uns). In einem zweiten Schritt nehmen wir Menschen diese Zuwendung wahr und werden uns ihrer bewusst: Dies ist der Ort des Gesangs in der Liturgie. Das Lied des Moses nach der ExodusLesung der Osternachtfeier mach dies beispielhaft nachvollziehbar. Dieses Canticum (Gesang) ist eine Ruminatio (Wiederkauen), eine Aneignung des Geschehenen aus der Lesung, Gottes Dienst an seinem Volk. Es verwandelt sich in einem dritten Schritt dann in Lobpreis, mit dem wir uns an Gott zurückwenden. In der Osternachtfeier geschieht dies im anschließenden Gebet des Priesters. Auch das Magnificat, so scheint mir, umfasst beides: In Maria leuchten die Großtaten Gottes auf und werden von ihr in einen Lobgesang überführt. Neben den großen Vertonungen für Chor, Solisten und Orchester singt die Kirche seit Jahrhunderten das Magnificat in den acht Kirchentönen – im Wechsel zwischen zwei Gruppen. Acht „Farben“, die diesen Lobgesang in ein je eigenes „Licht“ tauchen. Hinzu kommt der Tonus peregrinus, der IX. Ton. Er ist in der evangelischen Tradition der Magnificat-Ton schlechthin geworden. So auch in Hugo Distlers Weihnachtsgeschichte op. 10. Die Sängerin (Maria) intoniert: „Meine Seele erhebt den Herren und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilands“. Und während sie weitersingt, beginnt der Chor auf die Melodie des Liedes Es ist ein Ros entsprungen die Strophe: „Wir bitten dich von Herzen du edle Königin, durch deines Sohnes Schmerzen, wann wir fahren dahin aus diesem Jammertal. Du wollest uns geleiten bis in der Engel Saal.“ Für mich eine der berührendsten Magnificat-Vertonungen, in der sich Marias Hochgesang auf Gott mit „unserer“ Bitte an sie um ihr Geleit „aus diesem Jammertal – bis in der Engel Saal“ verbindet. Geht das: Gott zu loben und gleichzeitig an das eigene Lebensende zu denken? Bei Distler geht es am Ende zusammen – musikalisch und wohl auch theologisch: „Du wollest uns geleiten bis in der Engel Saal“ verbindet sich mit „Seine Barmherzigkeit währet für und für bei denen, die ihn fürchten“. So erwächst dem, der Gott lobt, aus diesem Lobpreis selbst Hoffnung und Trost, denn Gottes Barmherzigkeit währt „für und für“… Christoph Hönerlage ist Professor für Gregorianik und Deutschen Liturgiegesang an der Hochschule für Katholische Kirchenmusik & Musikpädagogik Regensburg. „Singen ist (Sache) des Liebenden.“ Augustinus Portraitfoto: © Uwe Moosburger; Bild: © Panka Chirer-Geyer: Weite (Ausschnitt) 11 SCHWERPUNKT
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