Für ein starkes Miteinander Ehrliches Feedback statt angestautem Unmut – am Berliner Canisius-Kolleg lernen Jugendliche, durch Rückmeldungen und Lob starke Gemeinschaften zu bilden. Rebecca von Amsberg teilt ihre Erfahrungen. Lob und Feedback sind zentrale Elemente einer wertschätzenden Zusammenarbeit. Sie helfen, Stärken zu erkennen, Entwicklung zu fördern und eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. In meiner Tätigkeit als Leiterrundenbegleiterin in der ISG Berlin (Ignatianische SchülerGemeinschaft), einer Organisation, die sich für die Förderung von Jugendgruppenarbeit und ehrenamtlichem Engagement einsetzt, sowie zuvor als Gruppenleiterin habe ich erlebt, wie wirkungsvoll gezieltes Feedback sein kann – für Einzelne und das gesamte Team. Besonders wichtig ist die bewusste Unterscheidung zwischen Lob und Kritik. Während Feedback oft mit Verbesserungsvorschlägen assoziiert wird, bleibt Lob häufig im Hintergrund. Doch gezielte Wertschätzung stärkt das Selbstbewusstsein und die Motivation. Statt eines allgemeinen „gut gemacht“ wirkt eine präzise Rückmeldung über das, was besonders gelungen ist, viel nachhaltiger. Genauso entscheidend ist der konstruktive Umgang mit kritischem Feedback. Klare Prinzipien wie Ich-Botschaften, zeitnahe Rückmeldungen und eine wertschätzende Haltung erleichtern die Annahme und fördern ein unterstützendes Miteinander. Eine prägende Erfahrung hatte ich während einer Fortbildung als Gruppenleiterin. In unserer zwölfköpfigen Leiterrunde sollten wir uns in Zweiergesprächen gegenseitig Feedback geben – sowohl Lob als auch kritische Rückmeldungen. Als empathischer Mensch fiel es mir schwer, Kritik zu äußern, weil ich niemanden verletzen wollte. Die richtigen Worte zu finden, war für mich eine Herausforderung. Überraschenderweise war es beim Empfangen von Feedback genau umgekehrt: Mit Lob konnte ich nicht gut umgehen, während ich kritische Rückmeldungen leichter annehmen konnte, da sie mir halfen, mich weiterzuentwickeln. Diese Erkenntnis hat mich nachhaltig geprägt. Bis heute sehe ich kritisches Feedback als wertvolle Unterstützung und arbeite daran, auch Lob besser anzunehmen – und gezielt zu geben. Eine offene Feedbackkultur stärkt nicht nur Teams, sondern auch die persönliche Entwicklung. Sie braucht Übung, klare Prinzipien und vor allem eine Haltung der Wertschätzung. Wer Feedback als gemeinsames Lernen versteht, schafft eine Atmosphäre, in der sich alle mit ihren Perspektiven einbringen können – eine Grundlage für ein starkes Miteinander. Rebecca von Amsberg ist seit 2011 in der ISG, war von 2015 bis 2020 Gruppenleiterin und ist seit 2020 Begleiterin einer zwölfköpfigen Leiterrunde. Sie studiert Grundschullehramt für Musik, Mathematik und Deutsch in Berlin. Die ISG ist eine Stadtgruppe der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) am Canisius-Kolleg in Berlin und Angebot der außerschulischen Jugendarbeit, in der sich über 750 Kinder und Jugendliche in Gruppen organisieren, deren ehrenamtliche Leitung dem Prinzip “Jugend leitet Jugend” folgt. Um sie in ihrer persönlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklung zu fördern, organisieren sie wöchentliche Aktivitäten in festen Gruppen sowie größere Veranstaltungen, Glaubens- und Weiterbildungskurse bis hin zu zweiwöchigen Sommerfahrten. Basis dafür sind die Jugendexerzitien in der achten Stufe, wo die Jugendlichen auch in die Kunst des Feedbacks systematisch eingeführt werden. 16 SCHWERPUNKT
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