1 / 2
Bild 1: SJ-Bild / Bild 2: stock.adobe.com/Jorm Sangsorn

3 Gründe, warum Philosophie in unseren Alltag gehört

Von Konfuzius bis Kant, von Sokrates bis Schopenhauer, von Hegel bis Habermas: Menschen beschäftigen sich seit Jahrtausenden mit Philosophie. Doch Philosophie ist nicht den „großen Denkern“ vorbehalten, sondern sie geht uns alle an. Denn: Die großen Fragen, mit denen sich Philosophie beschäftigt, tauchen im Leben eines jeden Einzelnen von uns auf. Daran erinnert der Welttag der Philosophie, der jedes Jahr am dritten Donnerstag im November begangen wird und dieses Jahr auf den 21. November fällt. Warum Philosophie in unseren Alltag gehört, das erklärt Philosophieprofessor P. Georg Sans SJ im Gastbeitrag.

1. Philosophie bringt auf andere Gedanken

Jeder hat ein Hobby. Der eine geht ins Stadion. Die andere züchtet Blumen im eigenen Garten. Der dritte lässt sich gerne auf neue Gedanken bringen.

Ob Video oder Podcast oder, ganz altmodisch, ein Buch – Philosophen glauben nicht, schon alles zu wissen. Sie werden gerne mitgenommen in die Welt der Gedanken anderer. Das hilft ihnen, am Ende nicht nur die anderen, sondern auch sich selbst besser zu verstehen.

2. Philosophie macht kritikfähig

In der Vergangenheit hielten die Menschen vielfach das für wahr, was die Eltern, die Lehrer in der Schule, der Pfarrer auf der Kanzel oder die Regierung sagten. Heutzutage überwiegt die Ansicht, dass jeder und jede die eigenen Überzeugungen selbst wählen muss. Dabei entsteht bisweilen der Eindruck, unsere Meinungen seien buchstäblich beliebig.

Schon für Sokrates bestand die Philosophie im Dialog. Darunter verstand er nicht bloß den Austausch von Meinungen oder einfach die Kunst, andere zu überreden, sondern die gemeinsame Suche nach Gründen für die Wahrheit. Das setzt die Fähigkeit voraus, sich immer wieder in Frage stellen zu lassen. Jemand, der alles ganz bestimmt weiß, ist bestimmt kein Philosoph.

3. Philosophie stiftet Orientierungswissen

Wir alle müssen handeln. Wir müssen uns unentwegt für dieses und gegen jenes entscheiden. Dabei wägen wir ab und wählen, was uns etwas wert ist. Woher kommen unsere Werte? Was ist es wert, dass wir uns für es einsetzen?

Für Immanuel Kant (und übrigens auch für Ludwig Wittgenstein) gleichen viele Menschen Wanderern, wenn sie die Orientierung verloren haben und sich nicht mehr auskennen. Wie früher ein Kompass oder heute ein Navigationsgerät für Orientierung im Gelände sorgen, so hilft die philosophische Ethik, Klarheit zu gewinnen, welche Ziele und Absichten wir als einzelne oder als Gesellschaft verfolgen. Vor allem dient die Ethik aber der Orientierung, ob das, was wir wollen, nur für uns gut ist oder auch für die anderen.

Von P. Georg Sans SJ

Zur Person:

Pater Georg Sans SJ ist 1967 in Mannheim geboren. Er wurde 1993 zum Priester geweiht und ist 1994 in den Jesuitenorden eingetreten. Er war von 2006 bis 2014 Professor für Geschichte der Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Heute ist er Professor für Religions- und Subjektphilosophie und Inhaber des Eugen-Biser-Stiftungslehrstuhls sowie Studiendekan der Hochschule für Philosophie.

Newsletter

Das Magazin „Jesuiten“ erscheint mit Ausgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Bitte wählen Sie Ihre Region aus:

×
- ×