Auschwitz ist der Inbegriff des Terrors der Nationalsozialisten, vor allem aber Symbol für die Ermordung von sechs Millionen Juden. Am 27. Januar 1945 wurde das Lager Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee befreit. Für die Überlebenden war der Tag nicht das Ende des Leidens. Sie waren für ihr Leben traumatisiert. Der Krieg ging zu Ende, doch der Antisemitismus blieb. Auch hat die Vernichtung der Juden nicht erst mit Auschwitz begonnen. Die Nazis hatten ihre Ideologie des Antisemitismus und ihr totalitäres System der Entmenschlichung über ein Jahrzehnt entwickelt. Geschickt knüpften sie an Vorurteilen an und nutzten gesellschaftliche Missstände aus.
"Zu gedenken heißt, die Mechanismen totalitärer Entwicklungen zu verstehen. Zu erinnern bedeutet, den Antisemitismus der Gegenwart in all seinen Tarnungen zu durchschauen. Nur wer bereit ist zu lernen, gedenkt angemessen", sagt Christian Rutishauser SJ. "Unrecht und Terror fallen nicht vom Himmel. Sie werden möglich durch Verfehlungsketten vieler. Nur wer gelernt hat, wo anzusetzen ist, kann wirksam Verantwortung übernehmen. Gemeinsam Mensch zu sein, ist nicht etwas Vorgegebenes, es muss stets neu errungen werden. Eine Bildungskultur wie auch Strukturen der Gerechtigkeit und Freiheit müssen gepflegt werden."
Christian M. Rutishauser SJ ist seit Sommer 2024 Professor für Judaistik und Theologie an der Universität Luzern. Zudem ist Pater Rutishauser seit 2004 Mitglied der Jüdisch/Röm.-kath. Gesprächskommission der Schweizerischen und seit 2012 auch der Deutsche Bischofskonferenz. Er ist Delegationsmitglied der vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum und in derselben Funktion ständiger Berater des Heiligen Stuhls.