«Non, rien de rien! Non, je ne regrette rien! Ni le bien qu’on m’a fait, ni le mal, tout ça m’est bien égal.»
Vier Jahre Paris, vier Jahre Gemeinschaft, vier Jahre Studium, vier Jahre, die nicht nicht immer la vie en rose waren. Aber vier Jahre, die mich fit gemacht haben für die weiteren Herausforderungen meines Lebens.
«Non, je ne regrette rien!» Wer kennt sie nicht, die unsterblichen Worte von Edith Piaf. Und gestern, nach vier Jahren Paris, habe ich endlich ihr Grab auf dem Friedhof Père Lachaise besucht. Ein schlichtes, schwarzes Grab, ohne Schnickschnack. So wie man sie auch zu Lebzeiten gesehen hat – eine kleine resolute Figur im schwarzen Kleid, alleine auf der Bühne, mit einer markanten, eindringlichen Stimme.
Und wie sie möchte ich singen: Ich bereue nichts. Weder die grossen Momente der Freude und des Erfolgs, noch die Schwierigkeiten. Einsam mit den eigenen Gedanken in der Kommunität (ja, wie in jeder guten Beziehung gibt es auch bei den Jesuiten Hoch- und Tiefzeiten) – und doch fest getragen von der Gemeinschaft der Mitbrüder, die mein Leben bestimmen und es lebenswert machen. Wer nur la vie en rose sucht, wird sicher enttäuscht, wer es aber beim Schopf packen und leben will, der findet es bei uns.
Der Zweck meiner Pariser Jahre war aber nicht nur das Gemeinschaftsleben, sondern vor allem das Studium der Philosophie und der Theologie. Der «ewige Student» höre ich meine Familie und Freunde sagen… Und dennoch: Wer seine Gehirnzellen nicht immer wieder neu herausfordert, riskiert, stehenzubleiben und festzufahren. So habe ich mit 40 nochmals Hegel und Levinas gebüffelt, mich über die Texte von Thomas von Aquin und die der beiden Karls (Barth und Rahner) gebeugt und über all der Hebräisch- und Griechischvokablen beinahe den Sinn des Bibel-Texts aus den Augen verloren. Und ich habe es nicht bereut.
Denn die vier Jahre Studium und Gemeinschaft haben mich fit gemacht. Zuerst für den Einsatz in der Jesuitenschule und anschliessend für die Seelsorge in einem der Pariser Gefängnisse. Die fundamentalen Fragen, die sich auftun, sind die gleichen, aber mit ganz anderer Intensität.
Und jetzt komme ich zurück in die Schweiz, genauer gesagt in die neue Zentraleuropäische Provinz, denn wir Schweizer Jesuiten arbeiten ab dem 27. April enger mit unseren nahen und weiteren Nachbarn zusammen. Auch das ein Merkmal und Reichtum der Jesuiten: In meiner Pariser Kommunität leben, beten und arbeiten 17 Jesuiten aus sieben Ländern. Der tägliche Austausch erweitert den Horizont, belebt die Diskussionen und fördert das kulturelle Fingerspitzengefühl und die Rücksichtsnahme.
Was erwartet mich in der Schweiz? Ich werde in Zürich in der Hochschulgemeinde mitarbeiten können. Was da alles genau auf mich zu kommt, weiss ich noch nicht, aber ich freue mich auf den Einsatz und aufs gemeinsame Entdecken. Und ja, in dieser Vorfreude spiegelt sich auch meine Vorstellung eines offenen, kritischen und durchaus auch gehorsamen Katholizismus.
Ich freue mich auf die Gemeinschaft am aki, auf die Studierenden und Nicht-Studierenden. Ich freue mich aufs gemeinsame Gottesdienst-Feiern und -Gestalten. Ich freue mich auf spannende Diskussionen in einer aufmerksamen Gesprächskultur. Ich freue mich, neue Wege zu suchen und sie zusammen zu gehen. Ich freue mich darauf, Spiritualität auch für Menschen erfahrbar und lebbar zu machen, die mit Religion nichts am Hut haben. Ich freue mich darauf, neue, selbstbewusste und kreative Mittel zu finden, um das Evangelium als frohe Botschaft für heute zu verkünden. Und ich freue mich auch auf den Ort, den wir im wahrsten Sinn des Wortes finden müssen, da das ehrwürdige aki umgebaut wird.
So wird Kirche wieder zu einem pilgernden Volk Gottes, in dem alle Menschen Fackelträger des Lichts sind, anstatt in ein paar wenigen Leuchttürme darauf zu warten, dass die Menschen zu ihnen kommen. Und dafür braucht es jede und jeden von uns. Oder mit den Schlussworten von Edith Piaf: «Aujourd’hui, ça commence avec toi!»