• Marlies Woerz mit P. Klaus Mertes SJ bei ihrer Geburtstagsfeier mit Kollegen 2017.
  • Putzaktion am Kolleg Sankt Blasien.
  • Foto: Wolgang Stahl
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Als die blonden Zöpfe auftauchten

Zum internationalen Weltfrauentag möchten wir eine besondere Frau aus unserem Kolleg Sankt Blasien hevorheben: Marlies Woerz. Sie war am Kolleg an einer stillen Revolution beteiligt. Sie brachte die ersten Mädchen an das Internat St. Blasien.

Kirchliche Internate stellt man sich als Hochburgen der Mono-Edukation vor: Hier werden entweder Mädchen erzogen und bekocht oder Jungen auf den Ernst des Lebens vorbereitet. Auch in St. Blasien galt dieses Prinzip über Jahrzehnte hinweg. Im Kolleg machten die Jesuiten Schule, und zwar ausschließlich für Jungen. 1988 dann kam die Wende, als sich die Patres entschlossen, Schule und Internat für Mädchen und junge Frauen zu öffnen. Das war nichts weniger als eine stille Revolution, hatten die Patres doch immer auf die Vorzüge eines Typs von Schule geschworen, der sich auf ein Geschlecht konzentriert.

Um diesen neuen Weg zu beschreiten, bedurfte es einer Fachkraft. In Marlies Woerz war sie gefunden. Die Gymnasiallehrerin aus Pfullendorf arbeitet mittlerweile seit 37 Jahren im katholischen Gymnasium in St. Blasien. Schnell fiel die Wahl auf sie als erste Leiterin des Internats für Mädchen. Diese waren in einem separaten Gebäude untergebracht, um große Nähe zu den Jungen zu vermeiden. Erste Überraschung: Es lief ohne große Probleme. Sämtliche Vorbehalte – „Ob das wohl gut geht?“ – verliefen sich. Es ging gut, so gut es eben gehen kann.

Als St. Blasien auf das gemischte Klassenzimmer setzte, leistete es Pionierarbeit. Das Kolleg war das erste Jesuiten- Gymnasium weltweit, das Jungen und Mädchen im selben Internat aufnahm. Die Regelung gilt bis heute. Marlies Woerz hatte in den vergangenen Jahrzehnten viele Aufgaben: Kummerkasten, Erzieherin, Mutter der Nation, wie sie das nennt. Wenn sie in ihrem Büro aus dem Nähkästchen plaudert, dann werden diese frühen Jahre noch einmal lebendig. Bald schließt die resolute Pädagogin dieses Kapitel ab: Im Sommer tritt sie nach einem bewegten Berufsleben in den Ruhestand.

Über die Jahre hinweg hat sie bemerkenswerte Erfahrungen gesammelt. „Es ist eine Mär, dass die Mädchen disziplinierter und fleißiger sind“, sagt sie etwa. Dieses Vorurteil höre man immer wieder. Es sei eher so, dass Mädchen emotionaler seien und eine hohe emotionale Intelligenz einbringen. „Sie schlagen manches Mal die Erzieherinnen mit den eigenen Waffen“, erzählt sie schmunzelnd. Dass man beiderlei Geschlecht in einer Klasse erzieht, findet sie bis heute richtig.

Für diese Aufgabe hat sie manche freie Stunde geopfert. Internatsschülerinnen werden nicht nur in der Schule, sondern auch beim Lernen und in der Freizeit begleitet. „Oft war ich Tag und Nacht unterwegs“, berichtet sie. Mittlerweile leitet sie das gesamte Internat. In der Schule hinter dem mächtigen Dom werden derzeit 850 Schüler unterrichtet. Etwa 200 von ihnen sind als interne Schüler angemeldet, das heißt, sie wohnen auch in den weitläufigen Flügeln der ehemaligen Klosterkirche. Seit 1934 ist das Kolleg in St. Blasien dort untergebracht. Chef der gesamten Einrichtung ist der Jesuit Pater Klaus Mertes.

Autor: Uli Fricker

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