Gerne lade ich Menschen dazu ein, auch mit dem Leib zu beten. Viele zeigen Interesse daran, und ihr Gebet wird ganzheitlicher. Bei einigen löst es allerdings Reserve und Verwunderung aus. Sie meinen, Beten vollzieht sich im Geist und im Kopf oder in der Stille des Herzens. Je nach Kultur und Religion wird der Leib unterschiedlich in die religiöse Praxis mit einbezogen. Unsere westliche Kultur und christliche Praxis drohen immer wieder ins rationale und wortlastige Fahrwasser zu geraten. Dabei finden sich im Christentum so viele Perlen der Wertschätzung des Leibes auf dem Weg zu Gott. Paulus nennt den Leib den "Tempel des Heiligen Geistes", und Hildegard von Bingen spricht vom "Leib als Zelt für die Seele". Teresa von Avila bringt den christlichen Impuls zu achtsamem Umgang mit dem eigenen Körper auf den Punkt: "Sei freundlich zu deinem Leib, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen".
Über den Leib vollzieht sich die Ursprache des Menschen. Diese Körper-Sprache ist meist sehr ehrlich und aussagekräftig. Im Reden mit dem großen Geheimnis unseres Lebens, das wir Gott nennen, haben Menschen im christlichen Glauben besonders sprechende Gebärden und Gesten entwickelt: das "Stehen" als Zeichen der Aufmerksamkeit, der Würde, der Auferstehung; das "Knien" als Zeichen der Demut und Anbetung; das "Liegen" als Zeichen der Buße und der Hingabe; das "Sitzen" als Zeichen des Hörens, der Besinnung, des Mahlhaltens.