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Die NASA und der verdrehte Blick auf Weihnachten

Der Provinzial der Jesuiten in Zentraleuropa, P. Bernhard Bürgler SJ, wünscht allen Freundinnen und Freunden des Ordens in einer persönlichen Weihnachtsbotschaft ein gesegnetes Fest und einen anderen besonderen Blick.

Kennen Sie die Jesuitenkirche in Wien? Wenn nicht – Sie sollten sie unbedingt einmal besuchen, virtuell oder besser real.

Dieser Kirchenraum ist einer der schönsten in Wien. Kaiser Leopold I. hatte 1702 den damals als Architekt, Bildhauer und Maler berühmten Jesuitenbruder Andrea Pozzo nach Wien gerufen. Er gab dem Inneren der Kirche seine heute noch erhaltene hochbarocke Gestalt.

Es war vor einigen Jahren, 2008. Wo bei Tageslicht noch die Fresken und die Scheinarchitektur von Andrea Pozzo zu sehen sind, tauchte nach Sonnenuntergang die Installation der beiden Künstler Christoph Steinbrenner und Rainer Dempf auf. Ein Großdruck eines Fotos der NASA. Es zeigte eine ausschnittartige Perspektive auf die Erde und einen im All an einer Sonde hantierenden Astronauten.

Allegorische Figuren, die gemalte Scheinkuppel und der damit verbundene, in der barocken Kirchenmalerei intendierte Blick in den Himmel wurden durch einen Blick auf die Erde und damit auf das Irdische ausgetauscht.

Wie bei anderen Kunstinstallationen in der Jesuitenkirche gingen die Meinungen darüber auch hier weit auseinander. Manche konnten nichts damit anfangen, sie bedauerten und beklagten, dass das wunderschöne Gewölbe verhängt und damit nicht sichtbar war. Andere begrüßten die Installation, sie sahen in ihr einen Denkanstoß. Ich gehörte zu letzteren. Je öfters ich die Installation betrachtete, desto mehr wurde sie mir zu einem Bild für Weihnachten.

Weihnachten, das Fest der Menschwerdung Gottes, das wir feiern, hat viel zu tun mit diesem „umgekehrten Blick“. Gott, so schreibt Ignatius von Loyola in seiner Betrachtung zur Menschwerdung, schaut auf die Welt, auf die Welt so wie sie ist: auf das Lachen und Weinen, auf die Gesundheit und Krankheit, auf den Frieden und den Krieg usw. Er lässt sich berühren von der Not der Menschen und der Schöpfung und beschließt dann, auf die Erde zu kommen Mensch zu werden. Er lässt sich auf das Leben der Menschen ein, auf dieses unser Leben.

Weihnachten lädt uns ein, unsere Augen aufzumachen, seine Vielfalt, Licht uns Schatten, und zu vertrauen, dass Gott jetzt und hier, unter uns, Mensch wird, gegenwärtig, wirksam.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Weihnachtfest,

Ihr Bernhard Bürgler SJ (München)

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