• Der JRS sucht für alle Lebenslage Ehrenamtliche, so wie hier im Kirchenasyl.
  • Josephine Schmidt
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Ehrenamt: Geben und Nehmen

Josephine Schmidt arbeitet seit zwei Jahren ehrenamtlich beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst (Jesuit Refugee Service, JRS) in Berlin. Dort berät die Studentin der Sozialen Arbeit Menschen, denen die Abschiebung droht und deren letzte Hoffnung auf ein Bleiberecht die Härtefallkommission ist. Vor ihrem Studium hat Josephine Schmidt ein Praktikum beim JRS und ein freiwilliges soziales Jahr in der Flüchtlingshilfe in Frankreich absolviert. Zum internationlen Tag des Ehreamtes erzählt sie von ihrer Aufgabe und warum sie sich ehrenamtlich engagiert.

Sie sind beim JRS ehrenamtlich tätig. Was war Ihre Motivation, sich dort ehrenamtlich zu engagieren?

Ich kenne den JRS seit meiner Schulzeit und bin fasziniert von seiner Arbeit. Mein Ehrenamt bedeutet mir viel. Ich kann aus meinem alltäglichen Umfeld hinausgehen und treffe Menschen, denen ich sonst wohl nicht begegnen würde. Die Beratungsgespräche sind oft sehr persönlich und intensiv. Zu uns kommen viele, die schon lang in Berlin leben und jetzt Angst vor der Abschiebung haben. Der JRS darf Anträge an die Härtefallkommission einreichen, die Entscheidung trifft der Innensenator.

Wie schaut Ihre Arbeit konkret aus?

Jeden Mittwoch kommen Menschen zu uns, erzählen uns ihre Geschichte und schildern die augenblickliche Situation. Wir begründen dann in einem Antrag, warum es für diese Person oder Familie eine besondere Härte wäre, Deutschland zu verlassen. Wir erleben es oft, dass die gesetzlichen Vorschriften den Menschen nicht gerecht werden. Zum Beispiel hängt viel davon ab, ob sie gut Deutsch sprechen. Oft wird verlangt, dass sie mit ihrer Arbeit genug Geld für sich und ihre Familie verdienen. Das ist schon für viele Deutsche schwierig – umso mehr für Leute, denen die Ausländerbehörde jahrelang eine Arbeitserlaubnis verweigert hat.

Was für Menschen treffen Sie in Ihrem Ehrenamt?

Neben meinen Kolleginnen und Kollegen natürlich diejenigen, die in unsere Beratung kommen – aus den verschiedensten Ländern der Welt. Viele haben sehr Schmerzhaftes erlebt und nehmen trotzdem irgendwoher die Kraft, weiterzumachen. Es gibt intensive Begegnungen, die mir nicht aus dem Kopf gehen.

Gab es so einen Moment, wo Sie gemerkt haben: Hier bin ich genau richtig und ich werde gebraucht?

Einmal kam ein Junge aus Westafrika zu uns, der mich menschlich sehr beeindruckt hat. Obwohl es eigentlich um sein Leben ging, hat er zuerst nach Hilfe für seine Mutter und seine kleine Schwester gefragt. Er war noch minderjährig, wurde von seinem Vater verlassen und wollte bei seiner Mutter in Deutschland leben. Es war absurd, dass wir überhaupt einen Antrag für ihn stellen mussten! Sein Fußballverein hat sich für ihn eingesetzt. Der Trainer und die ganze Mannschaft haben einen Brief eingereicht, dass sie alles tun würden, damit der Junge hierbleiben kann. Die Geschichte ging gut aus. Aber ich sehe auch andere Schicksale. Wo Menschen einfach kein Glück in ihrem Leben hatten und ein Antrag wenig Aussicht auf Erfolg hat. Da frage ich mich manchmal, mit welchem Recht wir über andere urteilen.

Warum braucht es Ihrer Meinung nach Ehrenamtliche heutzutage – und warum beim JRS?

Von einem Ehrenamt profitieren beide Seiten, ich bekomme mindestens so viel zurück, wie ich hineingebe. Das erlebe ich als eine große Bereicherung! Aber gerade im Flüchtlingsbereich müssen Ehrenamtliche vieles stemmen, was staatliche Aufgaben sein sollten – deshalb finde ich auch die politische Arbeit des JRS so wichtig. Die unabhängige Beratung in einer lebensentscheidenden Frage wie der Abschiebung sollte meiner Meinung nach finanziell so abgesichert sein, dass sie nicht von Ehrenamtlichen abhängt. Aber so lange das nicht der Fall ist, ist es besser, sich hier ehrenamtlich zu engagieren, als die Menschen allein zu lassen.

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