• Friedrich Prassl SJ
  • Der Wörthersee
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Ein Ordensmann macht keinen Urlaub

Was bedeutet Urlaub für mich? Diese Frage stellen wir in den kommenden Wochen einigen Jesuiten und Mitarbeitern jesuitischer Werke. Für die einen bedeutet es Exerzitien zu machen, am Strand zu liegen oder die Familie zu besuchen. Friedrich Prassl SJ, Direktor des Kardinal König Hauses in Wien, hat in seinen Ferien eine neue Heimat gefunden.

Wir kennen alle die Frage: „Bist du schon urlaubsreif?“ Meine persönliche Antwort lautet immer, dass ich schon seit vielen Jahren keinen Urlaub mehr mache, sondern einfach Ferien. Die meistens darauf folgende Verwunderung erkläre ich damit, dass ich in meinem Dienst im Orden gar keinen rechtlichen „Urlaubsanspruch“ habe. Ferien mache ich jedoch sehr gerne. Ich mache sie nicht nur zu den gewohnten, klassischen „Urlaubszeiten“ oder „Schulferien“ im Sommer oder im Winter, sondern auch zwischendurch immer wieder in meinem Alltag. Ferien sind für mich vom lateinischen „feriae“ her wirklich Festtage, heilige Ruhetage ohne Geschäftigkeiten. Es sind Zeiträume um zur Ruhe zu kommen, einfach anderes zu tun als das Gewohnte, vielleicht auch nichts zu tun…

In der Schweiz habe ich im Berufsleben in der Gastronomie früh gelernt, dass der jeweils zustehende Erholungsurlaub als Ferien bezeichnet wird. „Versuche, schon erholt in die Ferien zu gehen!“ Dieser Rat meines ersten Direktors Guido Senn begleitet mich seit 34 Jahren. Es gelingt mir immer besser, mich mit dieser Zielsetzung gut auf die Ferien vorzubereiten. Allein die Vorstellung beeinflusst meine Entscheidungen, was vor den Ferien noch unbedingt zu tun ist und wie ich das wann rechtzeitig tue, ohne unter Druck zu kommen. Seit 17 Jahren begleite ich unmittelbar vor meinem Ferienbeginn Exerzitien im Kardinal König Haus. Diese Woche in Stille, mit biblischen Themen, mit intensiven Gesprächen mit Menschen, mit ruhigen Gebetszeiten ist für mich die beste Vorbereitung, um erholt in meine Ferien zu gehen.

Seit dem Noviziat verbringe ich meine dreiwöchigen Sommerferien mit Mitbrüdern oder auch allein in Krumpendorf am Wörthersee. In 23 Jahren ist es mir in unserem kleinen, einfachen Seehaus noch nie langweilig geworden. Die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, die wunderbare Atmosphäre am See, die nachbarschaftlichen Feiern, die vielfältigen kulturellen und sportlichen Möglichkeiten schenken Erholung pur. Es fällt mir dort leichter aufzuhören zu „sollen“, zu „wollen“ oder zu „müssen“. Ich kann die Ferien dort einfach genießen, achtsam sein auf das Alltägliche im Umfeld meines geliebten Wörthersees. Ich habe dort Heimat gefunden, einen Ort, an dem ich mich nicht erklären muss. Dafür bin ich sehr dankbar.

Friedrich Prassl SJ

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