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Entscheiden lernen

Jugendliche interessieren sich in den Ferien nur für Sonne, Strand und Party. Das ist sicher ein landläufiges Klischee. Die ISG in Berlin beweist, das es nicht immer so sein muss. In der ersten Woche der Herbstferien war Dag Heinrichowski SJ mit sechs Jugendlichen aus der elften Jahrgangsstufe in Büsum zu einem ignatianischen Jugendexerzitienkurs zum Thema „sich entscheiden“. Einer der Teilnehmer war Edgar Schmidt-Narischkin.

Als Ignatius von Loyola, ein tüchtiger Ritter, im Kampf verletzt wurde, verbrachte er die lange Zeit der Genesung auf dem Krankenbett. Hier war er mangels spannender Literatur gezwungen, biblische Texte und Heiligengeschichten zu lesen. Schnell bemerkte er, dass es einen Unterschied zu den Ritterromanen gab: Während die spannenden Geschichten nach einiger Zeit abklangen und einen faden Nachgeschmack hinterließen, fand er in der Langeweile und im Lesen der Jesusbiografie Trost und Halt. Die Unterscheidung zwischen dem, was einem schadet und dem, was einem Trost bringt, nannte er die „Unterscheidung der Geister“. Diese war auch Grundlage der Jugendexerzitien 2018 zum Thema „sich entscheiden“.

Für uns angehende Abiturient*innen sind Entscheidungen ein wichtiges, aber zugleich schwieriges Thema. Auf den Jugendexerzitien näherten wir uns dem Entscheiden mit Übungen und Denkanstößen, die Ignatius von Loyola verfasste. Denn die Unterscheidung der Geister ist nur eine Hilfe von vielen, die er auf seinem Weg zu Gott niederschrieb.

Ignatius setzt in seinen geistlichen Übungen („Exerzitien“) die Besinnung auf sich selbst allem voraus, weshalb die Exerzitien mit einer Reflexion über unser Leben begann und wir den Blick auf unser Ich gerichtet haben. Dabei spielten Werte, Talente und Träume eine wichtige Rolle. Um sich dabei aber nicht stören zu lassen, fand die „Grundschulung 2.0“ in durchgängigem Schweigen, dem sogenannten Silentium statt. Das mag erstmal eigenartig klingen, ist aber eine wunderbare Möglichkeit, um dem Alltag zu entfliehen und sich auf sich selbst zu konzentrieren. Und ganz ehrlich – wann schweigt man denn mal eine ganze Woche lang?

Ein nächster Schritt war dann die Unterscheidung der Geister. Konkret: Die inneren Wahrnehmungen zu unterscheiden nach dem, was Trost und dem, was keinen Trost bringt. Mit dieser Methode und einigen anderen kleinen Werkzeugen haben wir schließlich unsere eigene Toolbox erstellt, die helfen kann, gute Entscheidungen zu treffen.

All diese Übungen fanden nicht nur in der Einzelbesinnung, sondern auch im regen Austausch in unserer Gruppe statt. Es wurde diskutiert, geteilt und gelacht. In der Woche haben wir in der Gruppe viel Vertrauen zueinander aufgebaut. Im Andreashaus der Hamburger KSJ in Büsum bot die Nordsee direkt vor der Tür eine wunderbare Atmosphäre zum Wattwandern, Malen und Nachdenken – an einigen Tagen mit viel Sonne und an den anderen mit tobendem Wind.

Einen Rahmen in den sechs Tagen boten die gemeinsamen Morgenanfänge, die selbstgekochten Mahlzeiten, die täglichen Schriftbetrachtungen, in denen wir wie Ignatius auf dem Krankenbett zu Bibelgeschichten meditiert haben, und schließlich das gemeinsame Examen (ein betender Tagesrückblick) am Abend.

In der ISG gab es zum ersten Mal diese Jugendexerzitien für Schüler, die gerade erst in die Oberstufe gekommen sind, und war deshalb in gewisser Hinsicht auch ein Experiment. Doch rückblickend war dieses Experiment aus unserer Sicht, also der, der Teilnehmer*innen, ein voller Erfolg – denn Entscheidungen trifft jeder täglich viele, doch wirklich Gedanken was hinter so einer – meist rationalen – Entscheidung steht und wie man sie richtig trifft, darüber macht man sich dann doch eher weniger Gedanken. Und vor allem im Hinblick auf das Abitur wird der Alltag immer stressiger und bietet keine Sekunde für Ruhe, was diese Exerzitien für uns zu einer Oase der Stille und Selbstbesinnung gemacht hat.

Vielen Dank Dag Heinrichowski SJ und Maria Dellasega!

Edgar Schmidt-Narischkin

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