• Papst Leo XIV. spricht mit Menschen vor der Basilika Mutter vom Guten Rat am 10. Mai 2025 in Rom (Italien)

„Er kann Papst“ – Pater Batlogg über Leo XIV.

Jesuitenpater Andreas Batlogg ist erfolgreicher Publizist und Vatikan-Kenner. In Kürze erscheint sein neues Buch „Leo XIV. – der neue Papst“ im Herder-Verlag. Im Interview erklärt der Theologe, was er vom neuen Papst denkt und was er sich von ihm wünscht.

Pater Batlogg, wir haben einen neuen Papst, Leo XIV. Nach dem Jesuiten Papst Franziskus sitzt ein Augustiner auf dem Stuhl Petri. Sind Sie überrascht?

Sein Name kursierte natürlich auch im Papstwahl-Karussell. Sogar die TikTok-Community hatte das Konklave für sich entdeckt. Aber er war nicht unter den Top-Favoriten. Auch nicht bei mir. Ich bin, nach den ersten Eindrücken, sehr, sehr zufrieden. Ich war sehr berührt, als er die Loggia betrat. Ich stand auf der Terrasse oberhalb der Jesuitenkurie in Rom. Miro, ein polnischer Mitbruder, wusste als erster, obwohl das Handy-Netz zusammengebrochen war: „Prevost – Leo XIV.“.

Was ist über den bisherigen Kardinal Robert Francis Prevost bekannt, wofür steht er?

Er ist wie Jorge Mario Bergoglio Ordenschrist, diesmal ein Augustiner. Zwar in Chicago geboren, war er Missionar und Seelsorger in Südamerika. Er ist promovierter Kirchenrechtler, war Professor, Apostolischer Administrator und acht Jahre lang Bischof in Peru. Er hat viel Leitungserfahrung, auch als Provinzial in Peru und zwölf Jahre als Generalprior seines Ordens in Rom. Zwei Jahre lang war er Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe und Präsident der Päpstlichen Lateinamerikakommission. Er kennt die Kurie von innen – kommt aber von außen, noch dazu aus dem Süden. Für die Amerikaner mag er Amerikaner sein, aber die Peruaner reklamieren ihn für sich. Er gilt als diplomatisch und pragmatisch. Liberale und Konservative schätzen ihn gleichermaßen. Er vereint solide Theologie, pastorale Erfahrung, internationale Kompetenz und römische Verwaltungsautorität. Vergangenes Jahr war er in Wien. Kardinal Schönborn sagte: Er war mein Geheimtipp. Wien wartet auf einen neuen Erzbischof.

Wofür steht sein Name: Leo?

Leo XIII. war ein sozialer Papst, der Wissenschaft zugetan und er hat die selbstgewählte Isolation der Kirche im 19. Jahrhundert aufgesprengt. Die erste Sozialenzyklika „Rerum novarum“ stammt aus seiner Feder, 1891 war das. Mein früherer Chef, Martin Maier, jetzt Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat (Essen), brachte es auf den Punkt: Der neue Papst ist „ein echter Brückenbauer, also ein Pontifex, zwischen den beiden Amerikas und dem Globen Norden und dem Globalen Süden“. Und außerdem: „Mit Leo XIV. wird dem US-Präsidenten ein Amerikaner gegenübergestellt, der das Gegenteil von Donald Trump repräsentiert: Er baut Brücken und keine Mauern.“ Das ist dringend nötig – außerhalb wie innerhalb der Kirche. Leo XIV. ist kein Hardliner oder Ideologe. Mal sehen, wie das ist, wenn Trump zur Amtseinführung kommt.

Welchen Eindruck und welche Erwartungen haben Sie nach seinen ersten Worten auf dem Petersplatz, in denen er sagte, „wir wollen eine synodale Kirche sein und immer an der Seite der Leidenden stehen“?

Damit hat er ganz eindeutig das Programm seines Vorgängers Franziskus aufgenommen, der ja noch im März, vom Krankenbett in der Gemelli-Klinik aus, den weltweiten synodalen Prozess bis 2028 in die Verlängerung geschickt hat. Synodalität ist das große Erbe von Franziskus, auch wenn sein Stil nicht immer sehr synodal war. Bei Leo XIV. dürfte das anders werden. Vom Temperament her, aber auch vom Zugang. Er gilt als sehr guter Zuhörer, als einer, der Argumente sichtet und gewichtet. Außerdem kennt er als ehemaliger Präfekt die Situationen in den Diözesen weltweit – auch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Wahrnehmungen und Bewertungen von kniffligen Fragen. Synodal ist nicht, wer ständig davon redet. Leo wird daran weiterarbeiten, dass sich ein synodaler Stil kultiviert. Das stimmt mich sehr zuversichtlich.

Was wünschen Sie sich vom neuen Papst?

Dass er seinen Stil findet, seinen Weg geht und ein nahbarer Hirte wird. Seine ersten Worte und Begegnungen sind vielversprechend. „Friede“ war das erste Wort, und beim ersten Mittagsgebet dann ein klarer Appell: „Nie wieder Krieg“ – vor dem Hintergrund der Gedenkfeiern um das Kriegsende vor 80 Jahren und der akuten Drohkulisse zwischen Indien und Pakistan sehr wichtig.

Wie beurteilen Sie den Verlauf des Konklaves? Was war dieses Mal besonders oder anders?

Besonders war diesmal, dass 108 der 133 anwesenden wahlberechtigten Kardinäle das erste Mal in einem Konklave waren. Und dass es schnell ging, innerhalb von 24 Stunden. Robert Francis Prevost musste mindestens 89 Stimmen erreichen. Das war die erforderliche Zweidrittelmehrheit diesmal. Die genaue Stimmenanzahl bleibt natürlich geheim. Was etliche Kardinäle aber sagten: Es herrschte große Einmütigkeit. Das verwundert vielleicht, angesichts mancher Debatten in den Generalkongregationen im Vorkonklave, bei denen Tacheles geredet wurde.

Welche nächsten Schritte warten auf Papst Leo XIV. zu Beginn seines Pontifikats?

Der Papst wird die Probleme anpacken. Und er hat ja bei seiner ersten Begegnung mit den Kardinälen gleich gesagt: Wir müssen das zusammen tun, die To-do-Liste, die beim Kassensturz im Vorkonklave erstellt wurde, abarbeiten. Mal sehen, wen er sich dafür holt, ob er etwa den Kardinalsrat weiterführt. Probleme des globalen Südens anzusprechen, gleichzeitig europäische Anliegen nach Süden zu kommunizieren, Dialogfähigkeit und Verbindlichkeit beweisen können, Verständnis zeigen für Andersdenkende, integrativ nach innen wie nach außen wirken: Dafür steht er. Er kann Papst! Aber er wird in den kommenden Monaten auch nach allen Seiten hin durchleuchtet werden. Es gab ja schon erste Schmutzkampagnen.

Zur Person:

Andreas R. Batlogg SJ

Andreas R. Batlogg SJ ist 1962 in Lustenau/Vorarlberg geboren und 1985 in die österreichische Provinz der Jesuiten eingetreten. 1993 wurde er zum Priester geweiht. Er hat Philosophie und Theologie in Innsbruck, Israel und Wien studiert und eine Promotion über Karl Rahners Christologie abgeschlossen. Pater Batlogg war bis Dezember 2017 Herausgeber und Chefredakteur der Kulturzeitschrift "Stimmen der Zeit" und Mitherausgeber der „Sämtlichen Werke“ Karl Rahners. Heute ist er als Publizist und Buchautor tätig. Bis 2025 war er zudem Mitglied des Seelsorgeteams in St. Michael München, seitdem an der Jesuitenkirche in Wien. Zuletzt erschienen "Der evangelische Papst. Hält Franziskus, was er verspricht?" (Kösel, 2018), "Durchkreuzt. Mein Leben mit der Diagnose Krebs" (Tyrolia, 2019) und "Leo XIV. - der neue Papst" (Herder, 2025).

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