• Pater Arturo Sosa SJ hält die Festrede zum Jubiläum
  • Prof. Johannes Wallacher, Präsident der HFPH, und Moderator Stefan Leifert, ZDF
  • v.l.: Prof. Wallacher, Kardinal Marx, Pater Sosa und Staatsminister Blume
  • Festmesse in der Jesuitenkirche St. Michael München
1 / 10
SJ-Bild, HFPH / glueck.photography, Stories by Julia

Glauben – Denken – Handeln: Die Hochschule für Philosophie feiert 100-jähriges Jubiläum

100 Jahre Denken lernen – mit diesem Motto hat die Hochschule für Philosophie in München (HFPH) am Freitag, 10. Oktober 2025, ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert. Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising, zelebrierte die Festmesse in der Jesuitenkirche St. Michael in der Münchener Innenstadt, an der mehr als 700 Besucher teilnahmen. Zum anschließenden Festakt in der Hochschule kamen geladene Gäste, darunter der bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Markus Blume. Die Festrede hielt der Generalobere des weltweiten Jesuitenordens, P. Arturo Sosa SJ, der in seiner Funktion zugleich Großkanzler der Hochschule ist.

„Der christliche Glaube hat keine Angst vor der wissenschaftlichen Vernunft“

In seiner Predigt ging Kardinal Marx auf das Zusammenwirken von Philosophie und Glauben in der heutigen Zeit ein. „Philosophie ist die Kunst des Denkens, das Vertrauen, dass der Mensch in der Lage ist, falsch und richtig, gut und böse auseinanderzuhalten“, sagte Marx. Philosophie sei zugleich ein gutes und mächtiges Werkzeug, um Kulturen zusammenzuführen und einander zu verstehen. „Der christliche Glaube hat keine Angst vor der wissenschaftlichen Vernunft und dem kritischen Denken“, sagte Marx. Er verwies auf den Dreiklang aus „Glauben – Denken – Handeln“, der als Grundlage im christlichen Glauben und im Jesuitenorden tief verwurzelt sei. „Deswegen bin ich sehr froh, dass die Hochschule für Philosophie für das Denken im Horizont des christlichen Glaubens da ist“, so Marx weiter. Denken sei anstrengend, mache aber frei. „Wir müssen die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums und im Licht der Vernunft denken. Dann leisten wir einen Beitrag zur Zukunft der Menschheit.“

Pater Arturo Sosa SJ würdigte in seiner Festrede die Arbeit an der HFPH. „Die Münchener Hochschule für Philosophie hat in den letzten 100 Jahren einen bedeutenden Beitrag zum philosophischen Denken in Deutschland geleistet“, sagte Pater Sosa. „Heute erinnern wir uns dankbar an die vielen Menschen, deren Vision, Engagement und unermüdliche Arbeit diese Hochschule zu einer angesehenen und renommierten Institution in Bayern und weit darüber hinaus gemacht haben.“ Als Beispiele nannte er den Jesuiten Alfred Delp, der als Mitglied des Kreisauer Kreises von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde, und den deutschen Theologen Karl Rahner SJ. „Wir sind stolz darauf, dass so bedeutende Persönlichkeiten die Pforten dieser ehrwürdigen Institution durchschritten haben.“

„Die Philosophie kann modernen Gesellschaften Orientierung bieten“

Angesichts epochaler Veränderungen in Gesellschaft und Weltpolitik ging Pater Sosa auf die Bedeutung der Philosophie ein. „Die Philosophie ist eine Disziplin, die großen Wert auf logisches Denken legt. Dies ist in einer Zeit, in der das Streben nach Wahrheit immer weniger geschätzt wird, von immenser Bedeutung“, sagte Pater Sosa. „Die Philosophie kann modernen Gesellschaften grundlegendes Wissen vermitteln und Orientierung bieten – insbesondere angesichts komplexer Krisen.“ Dies sei aufgrund aktueller Entwicklungen wie Populismus, Polarisierung und Protektionismus umso wichtiger, weil sie verunsicherten, Angst machten und lähmen könnten. „Gleichzeitig wird Rationalität, wenn sie als absolut behandelt wird, engstirnig“, fuhr Pater Sosa fort. „Daher ist an jesuitischen Universitäten das Eintreten für eine bereichernde Beziehung zwischen Glauben und Wissen eine wichtige Grundlage der philosophischen Lehre – wir wissen, dass wir mehr brauchen.“ Als Beispiele nannte er Hoffnung, Kreativität und Dialog.

„Für die Wahrheit eintreten und die akademische Freiheit aktiv fördern“

Pater Sosa wies auch auf aktuelle Gefahren für die Freiheit der Wissenschaft hin. „Die aktuellen autokratischen Tendenzen weltweit, die an einigen Orten die Autonomie und Freiheit der Universitäten massiv untergraben wollen, sind äußerst besorgniserregend“, sagte Pater Sosa. „Auch in Deutschland sehen wir politische Anfragen der Partei Alternative für Deutschland (AfD), die die Legitimität bestimmter akademischer Programme oder die Finanzierung von Forschungsprojekten in Frage stellen, die nicht mit ihrer politischen Haltung übereinstimmen. Diese Angriffe werden oft unter dem Deckmantel der Verteidigung der ,akademischen Freiheit‘ geführt – allerdings in einem postfaktischen, verzerrten Sinne“, so Pater Sosa. „Als jesuitische Institution müssen wir trotz der Herausforderungen, vor denen wir stehen, für die Wahrheit eintreten und die akademische Freiheit aktiv fördern.“

Zum Schluss richtete Pater Sosa den Blick nach vorn: „Wir können zu Recht stolz sein auf die hundertjährige Tätigkeit der Münchener Hochschule für Philosophie im Dienste der Gesellschaft Jesu, der Kirche und der Welt. Wenn wir dankbar und stolz auf diese vergangenen 100 Jahre zurückblicken, erkennen wir auch die große Verantwortung, die uns anvertraute Mission weiterzuführen.“

„Ein Diamant der bayerischen Hochschullandschaft“

Staatsminister Markus Blume wiederholte in einem Grußwort seine Aussage, dass die HFPH „ein Diamant der bayerischen Hochschullandschaft ist“. Es brauche die Hochschule heute wie vor 100 Jahren als Schule des Denkens, die dafür sorge, dass das Koordinatensystem in unserer Gesellschaft richtig eingestellt sei. Er sehe eine gute Zukunft für die HFPH und sicherte seine und die Unterstützung des Freistaates zu.

Zum Abschluss des Festaktes dankte Hochschulpräsident Prof. Johannes Wallacher allen Gästen und Rednern und gab einen Ausblick in die Zukunft. Zum einen hätten die Planungen für eine Generalsanierung des Hochschulgebäudes in der Münchener Kaulbachstraße begonnen. Dies zeige, dass die Jesuiten als Träger zu ihrer Hochschule stehen. Zum anderen wolle die HFPH im kommenden Jahr den neuen Stiftungslehrstuhl „Philosophie und Demokratiefähigkeit“ einrichten, um damit auf aktuelle Herausforderungen in Gesellschaft und Bildung zu reagieren.

Hören Sie hier die Predigt von Kardinal Marx auf Soundcloud
 

Newsletter

Das Magazin „Jesuiten“ erscheint mit Ausgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Bitte wählen Sie Ihre Region aus:

×
- ×