Die Menschen glauben immer, weil ich durch die Chemo-Therapie meine Haare nicht verloren habe, ich wäre pumperlgsund. Aber das stimmt leider nicht." Pater Andreas Batlogg (55) spricht mit sonorem österreichischen Unterton, seine Stimme ist leicht rau. Mit dem 25. September vergangenen Jahres hat sich das Leben des Jesuiten aus St. Michael und ehemaligen Chefredakteurs der christlichen Kulturzeitschrift "Stimmen der Zeit" radikal verändert: Längere Zeit schon hat er Beschwerden mit der Verdauung, schiebt es auf Stress und Überarbeitung. Die Mitbrüder raten zu einer Darmspiegelung. Nach der Untersuchung blickt ihn der Arzt an diesem sonnigen Münchner Herbsttag sorgenvoll an. Die Satzfetzen "Krebs", "bösartiger Tumor", "sehr groß", "lebensbedrohlich" klingen wie Hammerschläge in Pater Batloggs Ohren. "Es war ein Schock, ich war sprachlos."
Mechanisch nimmt er vom Arzt den Termin am nächsten Tag im Krankenhaus Neuperlach entgegen, geht wie betäubt zum nahen Taxistand: "Ich blickte auf die bunt gefärbten Blätter an den Bäumen und dachte plötzlich: ,Wie lange werde ich die noch sehen?'", erinnert sich der Jesuit. Am Abend vertraut er sich drei Mitbrüdern in St. Michael an, spürt, wie schwer es ist, die neue unabwendbare Wirklichkeit auszusprechen: "Mir brach sofort die Stimme." Am Ende des langen Gesprächs brauchen alle einen Schnaps.
Die Untersuchung am nächsten Tag bringt die medizinische Gewissheit und den nächsten Schock: "Sagen Sie alle Termine für das nächste Jahr ab", sagt der Chefarzt und rät zur sofortigen Operation. Das Sabbatjahr nach dem Ausstieg aus den "Stimmen der Zeit", die zwei Monate in Jerusalem, danach der USA-Aufenthalt - alles zerplatzt in diesem Augenblick. Und was soll aus dem Buch zum fünfjährigen Amtsjubiläum von Papst Franziskus werden, das Pater Batlogg gerade begonnen hat? Der scharfe Analytiker, versierte Schreiber und eloquente Prediger spürt auf einmal, wie eine große und kalte Angst sein Herz umkrampft: "Es war, als ob mich diese Prognose verschlucken würde."