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Jesuiten-Flüchtlingsdienst kritisiert Lage an EU-Außengrenzen

Brüssel/Berlin (KNA/JRS) - Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) Europa kritisiert die Situation an den EU-Außengrenzen. Seit drei Jahren habe sich nichts verbessert, sagte JRS-Europa-Direktor Jose Ignacio Garcia am Dienstag in Brüssel. Mitarbeiter der Organisation und Partner interviewten im vergangenen Jahr 117 Migranten zu ihren Erlebnissen an den Grenzen in Rumänien, Kroatien, Spanien, Italien, Malta und Griechenland. Der Bericht dazu wurde am Dienstag vorgestellt.

Die Lebensbedingungen an den Grenzen seien für Migranten oft "inhuman", so das Fazit. JRS-Politikreferentin Claudia Bonamini machte besonders auf Zurückweisungen von Migranten an den europäischen Außengrenzen aufmerksam. Diese seien illegal, aber an See- wie auch Landgrenzen "die Realität".

Die italienische sozialdemokratische EU-Abgeordnete Elly Schlein sagte, die EU-Staats- und Regierungschefs hätten beim Gipfel kommende Woche eine "historische Verantwortung". Sie müssten das Momentum nutzen, um die Asylregeln in der EU zu harmonisieren. Dabei dürfe nicht der "niedrigste Standard" als Vorbild gelten, sondern der höchste.

JRS-Europa-Direktor Garcia forderte mehr "Pragmatismus" bei der Kompromisssuche. In den vergangenen Jahren hätten sich die Positionen zur Flüchtlingspolitik in Europa weiter auseinanderbewegt. "Es hat eine 180-Grad-Wende in der Flüchtlingspolitik von 'sehr offen' zu 'verschlossen' gegeben", so Garcia. Das sei zu schnell gegangen. Es gelte nun, eine Balance zu finden, damit Menschen, die Asyl brauchten, unter "humanen Bedingungen" aufgenommen werden können.

Diese Ansicht teilt auch der JRS in Deutschland. Er sieht mit Sorge, wie das Mitgefühl aus der Debatte um Menschen auf der Flucht verschwindet und Angehörige christlicher Parteien extremistische Schlagworte salonfähig machen. Der JRS unterstützt unter anderem Kirchenasyle für einige der Asylsuchenden, die zum Vorwand für die Regierungskrise gemacht werden. Wer den Einzelfall ansieht, stellt oft fest: Für viele Menschen geht der Alptraum der Flucht innerhalb Europas weiter.

„Weltweit sind mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht, in Deutschland wurden 2017 nach amtlichen Zahlen weniger als 200.000 Erstanträge auf Asyl gestellt. Das ist, gemessen an der Gesamtbevölkerung und der Wirtschaftskraft, ein geringer Beitrag“, sagt Claus Pfuff SJ, Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes. Noch geringer ist die Zahl derjenigen, um die sich der Streit zwischen CSU und CDU dreht: An den deutschen Grenzen wurden 2017 nach Angaben der Bundesregierung 15.414 Asylanträge gestellt. „Statt auf Menschlichkeit setzt Horst Seehofer auf Nationalismus und bedient rassistische Ressentiments“, sagt JRS-Direktor Pfuff.

Der Jesuit kann den aktuellen Anlass für die Regierungskrise nicht nachvollziehen. „Wenn ein Innenminister die Regierung zwingt, alles von diesem einen Thema abhängig zu machen, geraten die politischen Verhältnisse aus den Fugen. Das erweckt den Anschein, als gäbe es keine anderen Aufgaben – in Bezug auf Wohnungsbau, Bildungssystem, Rentensicherheit, Gesundheitswesen, Digitalisierung oder Klimawandel.

Obwohl Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge nur zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, richtet sich alle Aufmerksamkeit auf die Abwehr und Kriminalisierung von Flüchtenden. Jedes Mitgefühl mit Menschen in Not schwindet aus der öffentlichen Debatte. Aber wenn Nationalismus und eine angeblich einheitliche Identität, für die sogar das Kreuz herhalten muss, die Antwort auf Fragen unserer Zeit sein soll: Dann begeben wir uns auf eine abschüssige Bahn.“

Hinweis: Zum Katholikentag 2018 in Münster hat der JRS Deutschland ein Computerspiel zum Thema Zivilcourage entwickelt. Dieses können Sie hier spielen und sich durchklicken.

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