Die Sorge um das „gemeinsame Haus“ ist auch zehn Jahre nach Veröffentlichung der Umweltenzyklika Laudato Si’ von Papst Franziskus ungemindert. Angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise und der bevorstehenden UN-Klimakonferenz COP30 in Belém fordern Jesuiten weltweit konkrete Maßnahmen für mehr Klimagerechtigkeit. Mit der Kampagne „Jesuits for Climate Justice“ bringen sie drei zentrale Anliegen in die internationale Debatte ein.
Vor uns steht die „dringende Herausforderung, unser gemeinsames Haus zu schützen“, schrieb Papst Franziskus in seiner Umweltenzyklika Laudato Si’. Seit deren Veröffentlichung vor zehn Jahren, am 24. Mai 2015, hat sie nicht an Aktualität und Bedeutung eingebüßt. So warnte der Weltklimarat 2022: „Jede noch so kleine Zunahme der globalen Erwärmung wird multiple und gleichzeitig auftretende Gefahren verstärken. Das Zeitfenster, in dem eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann, schließt sich rapide.“
Im November dieses Jahres versammeln sich Vertreter aus fast allen Ländern der Welt im brasilianischen Belém zur COP30, der 30. Konferenz der UN-Klimarahmenkonvention. Ihr Ziel ist es, die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens weiter voranzutreiben.
Drei konkrete Forderungen für mehr Klimagerechtigkeit
Im Vorfeld dieser Konferenz richten sich Jesuiten aus der ganzen Welt mit drei Forderungen an die Teilnehmer der COP30:
1. Schuldenerlass für Entwicklungsländer
„Die erste Forderung ist ein Schuldenerlass für ärmere Länder und Zuschüsse aus dem Schäden- und Verluste-Fonds für diese Länder. Die Jesuiten setzen sich dafür ein, weil zwei unserer weltweiten Präferenzen der Einsatz für Gerechtigkeit und für Ökologie sind. Gerade die Länder, die am meisten unter dem Klimawandel leiden, sind die, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Die brauchen jetzt aber dringend Geld, um den notwendigen Wandel mitgestalten zu können. Und ein Land wie Deutschland, das bisher sehr stark profitiert hat von der fossilen Energiegewinnung, ist hier besonders gefragt, sich einzusetzen für eine gerechte Wende“, erklärt P. Fabian Moos SJ.
Er lebt und arbeitet am Ukama-Zentrum für sozial-ökologische Transformation in Nürnberg. Sein Interesse gilt der Verbindung von Transformation, Pädagogik und Spiritualität
2. Gerechte Energiewende
„Energie- und Wärmeerzeugung sind zur Zeit die größten Treibhausemittenten und tragen am meisten zur globalen Erwärmung bei. Eine Grüne Wende bekommen wir hingegen nur dann hin, wenn wir Rohstoffe und Mineralien haben, die zur Zeit vor allem in Gebieten sind, die von indigenen Völkern bewohnt werden, die unsere Projektpartner sind. Um eine gerechte Wende hinzubekommen, müssen wir drei Dinge tun. Das erste ist: Die fossilen Subventionen müssen wir umlenken in den Bereich der nachhaltigen, grünen Energien. Die indigenen Völker müssen wir schützen vor den Begehrlichkeiten der Nationen und Konzerne. Und wir müssen lernen, mehr Rohstoffe über Recycling zu gewinnen als über Extraktion“, verdeutlicht P. Jörg Alt SJ.
Er engagiert sich am Ukama-Zentrum in Nürnberg für die sozial-ökologische Transformation, indem er Fridays for Future unterstützt oder durch Containern auf Lebensmittelverschwendung und -vernichtung hinweist.
3. Globale Ernährungssicherheit
„Die dritte Forderung ist, zu ermöglichen, dass lokale Gemeinschaften weltweit ernährungssouverän werden können. Das bedeutet, dass Menschen vor Ort gemeinsam ihre Nahrungsversorgung gestalten können. Außerdem soll der Nahrungsanbau gemäß agrar-ökologischer Prinzipien erfolgen. Das bedeutet dreierlei: erstens, der Fokus auf Humusaufbau im Boden, zweitens, dass ein Großteil der Lebensmittel lokal erzeugt wird, drittens, dass Gehölzer in Felder und Wiesen integriert werden. Das macht unsere Ernährungssysteme resilienter und weniger Menschen hungern. So bringt sich der Orden gemäß der Umweltenzyklika Laudato Si’ für eine gerechte und lebenswerte Zukunft ein“, führt Judit Bartel aus.
Sie begleitet als Laudato-Si-Referentin am Ukama-Zentrum in Nürnberg die Kommunitäten, Werke und Verwaltungen der Provinz auf ihren je eigenen Pfaden der sozial-ökologischen Transformation.
Diese drei Forderungen stehen im Zentrum der globalen Kampagne „Jesuits for Climate Justice: Faith in Action at COP30“, an der sich auch die Jesuiten in Zentraleuropa beteiligen. Die Koordination der Kampagne liegt bei der Initiative „ecojesuit“, die sich für konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz stark macht, indem es jesuitische Werke und Partner weltweit im Einsatz für die Schöpfung verbindet. Die Jesuiten auf der ganzen Welt haben die Sorge um die Schöpfung zu einer ihrer vier Schwerpunkte gemacht und setzen sich für eine ökologische Umkehr ein.
„Lasst uns unsere Sehnsüchte, Wünsche und Pläne, Ideen, Zeit und Ressourcen vereinen“ – mit diesen Worten läutete P. Roberto Jaramillo SJ die Kampagne „Jesuits for Climate Justice“ Anfang Mai ein. Als Direktor des Sekretariats für Soziale Gerechtigkeit und Ökologie des Jesuitenordens treibt Pater Jaramillo die internationale Zusammenarbeit zwischen den einzelnen jesuitischen Initiativen für die Umwelt voran.
Gemeinsam für mehr Klimaschutz eintreten
Wer die Forderungen der Jesuiten an die Teilnehmer der COP30 unterstützen möchte, kann hier ein gemeinsames Statement unterschreiben. Nicht umsonst rief Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato Si’ auf: „Alle können wir als Werkzeuge Gottes an der Bewahrung der Schöpfung mitarbeiten, ein jeder von seiner Kultur, seiner Erfahrung, seinen Initiativen und seinen Fähigkeiten aus.“
Die vier Universalen Apostolischen Präferenzen (UAPs) bilden weltweit die Schwerpunkte für das Leben und die Arbeit der Jesuiten bis 2029:
1. Ein Weg zu Gott: Durch Unterscheidung und Geistliche Übungen Gott finden helfen. 2. An der Seite der Benachteiligten: Gemeinsam mit den Armen, den Verworfenen der Welt, den in ihrer Würde Verletzten auf dem Weg sein, gesandt zu Versöhnung und Gerechtigkeit. 3. Mit jungen Menschen: Jugendliche und junge Erwachsene bei der Gestaltung einer hoffnungsvollen Zukunft begleiten. 4. Für die Schöpfung: In der Sorge für das Gemeinsame Haus zusammenarbeiten.
Diese Schwerpunkte sind universal, sie gelten für den gesamten Orden weltweit, betreffen all unsere apostolischen Arbeiten und Werke. Die Herausforderung besteht darin, diese vier Präferenzen in jeder Sendung zu integrieren. Dies soll eine Transformation bewirken (in der Sprache der Kirche "Umkehr"): persönlich, gemeinschaftlich und institutionell.
Umwelt
Mit den Worten Laudato si‘, dem Sonnengesang des hl. Franz von Assisi entnommen, beginnt die gleichnamige Enzyklika von Papst Franziskus, mit der er an die gemeinsame Verantwortung aller Menschen für die Sorge um die Schöpfung erinnert. Wenn wir die Umwelt zerstören, dann zerstören wir auch die Beziehung mit dem Nächsten und damit unsere Beziehung zu Gott. Deshalb wollen Jesuiten „in der Sorge für das Gemeinsame Haus zusammenarbeiten“ mit allen, die „mit Sorge für alle“ auf unseren gemeinsamen Planeten blicken. Dabei geht es um den Aufbau alternativer Lebensmodelle, die auf dem Respekt vor der Schöpfung und einer nachhaltigen Entwicklung basieren, und um produzierte Güter, die, gerecht verteilt, für alle Menschen ein würdiges Leben auf unserem Planeten sicherstellen.