• P. Hans Langendörfer SJ, Norbert Bauer und Christiane Florin (v.l.) (Foto: Bernhard Raspels)
  • P. Hans Langendörfer SJ im Garten des Anwesens der Bischofskonferenz in Bonn. (SJ-Bild/Ender)
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Langendörfer sieht Reformbedarf

Köln - Die „Gefahr einer Ohnmacht“ in der Kirche sieht der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Pater Dr. Hans Langendörfer SJ. „Die gegenwärtige Zeit gehört nicht zu den guten Zeiten in der Kirche, wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, so umschrieb er am Mittwoch, 16. Januar, die Lage der katholischen Kirche in einem Podiumsgespräch in der Kölner Karl Rahner Akademie. Er diskutierte vor rund 200 Zuhörern mit der Journalistin des Deutschlandfunks und Buchautorin Dr. Christiane Florin über das Thema „Wohin treibt die katholische Kirche in Deutschland“. Das Gespräch moderierte Norbert Bauer, Leiter der Karl Rahner Akademie.

Besonders seit der Vorstellung der Missbrauchsstudie im September 2018 sieht Langendörfer einen erhöhten Reformbedarf der deutschen Kirche. Dazu gehöre auch eine breite Debatte über den Zölibat und die kirchliche Sexualmoral, die neue Erkenntnisse aufnehmen und auch im Vatikan sowie der Weltkirche gehört werden müsse. „Wie kommen wir überhaupt einen Schritt weiter“, fragte Langendörfer und antwortete zugleich: „Den Worten des Bedauerns und der Missbilligung müssen wir Taten folgen lassen.“ Er erwarte, dass in der kommenden Zeit konkret benannt werde, wer genau in den Bistümern für den Einsatz und die Versetzung von Missbrauchtätern verantwortlich war.

Zugleich forderte er auch ein kirchliches Straf- und Disziplinarrecht für die deutsche Kirche. Denn bei Missbrauchtätern nütze es wenig, wenn Fälle erst nach Jahren entschieden würden. Überdies muss es nach den Worten des Sekretärs der DBK mehr „Gewaltenteilung“ in der Kirche geben, indem etwa in Deutschland eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeführt werde. Das ganze kirchliche Gerichtswesen sollte stärker national gestaltet werden.

Gegenüber solchen konkreten Schritten, um aus der gegenwärtigen Krise der katholischen Kirche herauszukommen, artikulierte Christiane Florin vor allem grundsätzliche Bedenken und Einwände. „Ich glaube schlicht vielen nicht“, sagte sie in dem Gespräch und bemängelte an der Missbrauchsstudie: „Die Studie benennt keine Verantwortlichkeiten; wir reden über Verrat an der christlichen Botschaft.“ Diese Situation könne man nicht einfach „wegmanagen“. Vor allem nach der Veröffentlichung der Studie habe sie erwartet, dass eine „Unterbrechung“ in der Deutschen Bischofskonferenz einsetze. Es gebe einerseits die „persönliche Schuld“ von Tätern und Personalverantwortlichen wie auch andererseits die „repräsentative Schuld“ der Bischöfe, die für ein Verschulden ihrer Mitarbeiter mit einzustehen hätten. Mit den bekannten Streit-Themen wie Sexualmoral, Zölibat oder Frauen in der Kirche komme man an dieser Stelle nicht weiter. Man müsse über Macht in der Kirche, Machtmissbrauch und Klerikalismus reden. In jedem Gottesdienst gebe es ein Schuldbekenntnis, wo bleibe dieses der deutschen Bischöfe, fragte Florin.

Das rund zwei Stunden dauernde Gespräch umfasste insgesamt die Themenblöcke „Mission“, „rechtliche Verfasstheit der Kirche in Deutschland“ und „Missbrauchstudie“. Langendörfer betonte die Pflicht der Kirche sich um die Themen Migration und Caritas sowie Seelsorge für den einzelnen zu kümmern. „Es fehlt etwas in der Kirche, wenn man vergisst, sich in konkreten Lebenslagen um den Menschen zu kümmern“, betonte er. Seelsorge sei der Markenkern kirchlichen Handelns. Gerade hier empfänden viele Menschen die Zusammenlegung von Pfarreien als Notlösung und Verlusterfahrung: „Das ist der Raum, in dem wir besser werden können.“ Ihn treibt auch die Sorge um, wie man junge Männer überhaupt noch für den priesterlichen Dienst begeistern könne. „Welcher junge Mann kann heutzutage noch mit Freude Priester werden wollen?“, fragte er. Der Jesuit lobte die Verortung der wissenschaftlichen Theologie im deutschen Hochschulsystem. Zugleich müsse er feststellen, dass kaum jemand mehr Theologie studieren wolle. Darüber hinaus gebe es zwei Ordenshochschulen in München und Frankfurt, an denen man „anspruchsvolle Theologie“ lernen könne.

Langendörfer betonte mehrfach, dass die katholische Kirche in Deutschland inklusive ihrer bischöflichen Vertreter viel pluraler seien, als viele es meinten. „Es gibt einen Pluralismus in der Kirche; das hat einen Charme auch unter den Bischöfen“, so der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz. Sie werde sich in Zukunft entschieden vielfältiger zeigen und vor allem weniger autoritär. Dazu gehörten mehr öffentliche Debatten und Meinungsbildung. In diesem Punkt betonten beide Gesprächspartner ihre Übereinstimmung.

Aus dem Gespräch habe er, so der 67-jährige Langendörfer, gelernt, „in welcher Ohnmacht man steht, wenn man feststellt, dass man Fehler gemacht hat, und man heute mit den verpassten Chancen umgehen muss.“ Dagegen hob die Journalistin Florin hervor, sie nehme aus dem Gespräch mit, „dass alles offen ist und alles auf den Tisch kommen kann“.

Bernhard Raspels

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