Pforte auf und hinein mit Valerio Ciriello SJ in die Jesuitenkirche Luzern zur MittWortsMusik: Der Lärm des Alltags verstummt, das Wort öffnet die Seele, die Musik trifft mitten ins Herz.
Wie alle Schweizer Schulkinder hat sich Valerio Ciriello zunächst brav an der Blockflöte abgearbeitet, bevor er instrumentalmässig aufsteigen durfte. "Meine Wahl fiel auf die Trompete, doch der Erfolg war mässig", sagt er und schmunzelt, "ich war nicht gerade der Fleißigste, ergo meine Willens-Puste zu schwach". Umso kraftvoller sein heutiger Auftritt: Der Jesuit und seit August Hochschulseelsorger in Luzern orchestriert die MittWortsMusik in der Jesuitenkirche St. Franz Xaver. Mitten in der Woche, mitten am Tag lädt er mittwochs um 12.15 Uhr in die Kirche an der Reuss zu Musik und Wort. "Ob gläubig oder nicht, ob alt oder jung: Menschen haben die Gelegenheit, in dieser prächtigen Barockkirche eine halbe Stunde zurückzulehnen und ihren Alltag hinter sich zu lassen", sagt Ciriello zum niederschwelligen Angebot, "für viele ein wahrer Luxus, wie ich den Rückmeldungen entnehme."
Was sein Vorvorgänger Franz-Xaver Hiestand SJ und Präfekt Hansruedi Kleiber SJ gemeinsam mit der Luzerner Hochschule für Musik einst ins Leben riefen, will er fest verankern in der Musik-Metropole, bekannt für ihr Lucerne Festival im KKL: Die MittWortsMusik soll von rund 20 Mal pro Jahr während den Universitäts-Semestern aufs ganze Jahr ausgedehnt werden – mit Rednerinnen und Rednern querbeet durch die Gesellschaft "und gern auch mal mit mehr Frauen als Männern." So hat er fürs Sommersemester eine junge Soziologiestudentin engagiert, Mitbegründerin von Pfasyl, eine Pfadi für Kinder aus asylsuchenden Familien; eine Ärztin von der Organisation "Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz" sowie eine Journalistin, engagiert in der Zivilgesellschaft. Ob und wie katholisch oder andersgläubig die Wortgebenden sind, interessiert den 45-Jährigen nicht. "Entscheidend ist, dass sie etwas zu sagen, etwas mitzugeben haben", sagt Ciriello. "Priester, Theologinnen, Ordensleute haben nicht das Monopol auf den Heiligen Geist – zum Glück nicht. Der Geist weht, wo er will. Und oft auch da, wo man ihn am wenigsten erwartet."
Steuern will er bei der Themenvorgabe, "die Bandbreite soll gross sein, damit es interessant bleibt". Die Stückwahl aber überlässt er Organistin Susanne Z’Graggen, Dozentin an der Luzerner Hochschule für Musik, die Studierenden mit der MittWortsMusik Aufritte in kleinem Ensemble bieten kann. Ab und an fällt ihre Wahl auf ein Kammerstück von Beethoven, Ciriellos Lieblingskomponist, dessen Sinfonien er über alles liebt. "Wenn immer ich die 9. 'Freude schöner Götterfunken' zu hören bekomme – vorzugsweise im grossen Konzertsaal natürlich und nicht ab Konserve – bekomme ich feuchte Augen." Musik könne durchaus auch zudröhnen, "aber das meine ich nicht, wenn ich sage: Musik trifft mitten ins Herz. Musik kann öffnen, sensibilisieren, macht durchlässiger. Musik und Wort, wie wir es an den MittWortsMusik-Anlässen pflegen, ist ein einmaliges Paar."
Er ist selbst auch Redner. "Wage zu träumen", heißt sein nächstes Thema am Mittwoch 21.4.2021. Das Wort ist wichtig für ihn. Er liest viel und gern Bücher mit historischem Kontext. Das Wort versteht er in erster Linie aber als Brücke zu Menschen. "In den letzten Monaten haben wir erlebt, was es heißt, in echter Beziehung zu sein – oder eben nicht zu sein. Beziehungen halten uns im Leben, tragen uns gegenseitig. Oft leise und fast unbemerkt", sagt der einstige Banker und Beamte bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA. Er weiß, wovon er spricht. "Was mich wirklich bereicherte und weiterbrachte und schließlich zu den Jesuiten führte, waren tiefe, echte, wohlwollende Beziehungen."
So will Valerio Ciriello, Schweizer mit süditalienischen Wurzeln und ausgezeichneter Koch, vermehrt noch gemeinsame Treffen organisieren. "Experten-Dinners" mit Fachpersonen und Gästen im Lassalle-Haus in Bad Schönbrunn, wo er einen Teil der Woche lebt und für future generations and ecological transition zuständig ist. "Villa-Gespräche" im Haus aus der Gründerzeit von Bad Schönbrunn mit Studierenden und Persönlichkeiten, die einem markanten Richtungswechsel zu mehr Sinnhaftigkeit hinter sich haben. Und klar – Zusammenkünfte in Luzern mit den Mitwirkenden der MittWortsMusik. Datum für ein Fest mit Speis und Trank hat er bereits: 2. Juni. "Wenn denn die Pandemie uns bis dann nicht mehr dermaßen im Griff hat und Raum lässt für wahre Begegnungen".