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Noviziat: Wir brauchen einen Neuanfang

Das Noviziat der Jesuiten in Zentraleuropa zieht Ende Februar von Nürnberg ins österreichische Innsbruck. Im Interview berichtet Novizenmeister P. Thomas Hollweck, warum es zu dieser Entscheidung kam, und warum dieser Umzug für ihn mehr als ein Standortwechsel ist.

Das Noviziat ist die „Schule für das Jesuit-Sein“. Was lernen junge Männer dort?

Hier im Noviziat geht es darum, dass junge Männer in die Gemeinschaft der Jesuiten hineinwachsen lernen und schauen können, ob sie Teil von dieser werden möchten. Dafür haben wir im Noviziat zwei Jahre Zeit. Hier wird die Gottesbeziehung vertieft; geschaut, wie geht Gottesbeziehung eigentlich? Wie geht beten? Wie kann ich darin Sinn und Erfüllung finden? Und zuletzt lernen die jungen Männer unsere Spiritualität, unsere Satzungen und Geschichte kennen.

Es geht immer darum zu schauen, was steckt an Sehnsucht, Anfragen, an Perspektiven, an Ideen, an Leidenschaft in diesem Menschen? Klar, wir als Jesuiten stecken natürlich noch unsere spezifisch ignatianschen Elemente hinzu: die Exerzitien, um mit Jesus Christus vertieft in Kontakt zu kommen, Unterscheidung der Geister, wie geht Gott suchen und finden in allen Dingen, in dieser Wirklichkeit der Welt, die Licht und Schatten hat? Wie kann ich heute unterwegs sein in einem Orden, in einer Kirche, in einer Welt, wo nicht alles rund und glatt ist? Wie kann ich an Orten, wo nicht alles heil ist, doch irgendwie zum Heil der Menschen mitwirken.

Jetzt ziehen Sie Ende Februar mit den zwei Novizen und ihrem Assistenten nach Innsbruck um. Wie kam es zu diesem Standortwechsel?

Hier in Nürnberg lebten immer mal wieder noch einige andere Jesuiten, aber die primäre Zielsetzung des Hauses war, junge Menschen durch die Elemente, die für unsere Ausbildung üblich sind – stillere Zeiten und praktischen Einsätzen wie Experimente oder Praktika – auf das Ordensleben vorzubereiten. Dieses Haus hat ein halbes Jahrhundert gut funktioniert, aber da die Zahlen immer kleiner werden, ist die Peergroup der Novizen immer kleiner.  Daher ist die Idee entstanden, dass wir nach Innsbruck ziehen könnten. Dort gibt es eine größere Gemeinschaft mit Studenten, jüngere Mitbrüder, eine lebendige Jugendarbeit. Es ist insgesamt ein lebendiger Ort, wo die Novizen auch die Chance haben, mit Gleichaltrigen zusammen zu kommen, denen der Glaube etwas bedeutet und die ebenfalls ihren Platz in der Welt suchen. Das ist ein wichtiger Aspekt dieses Umzugs. An diesem lebendigen Ort wird es eine Herausforderung sein, wie wir die nötige Stille und den Raum für die Entscheidungsprozesse der jungen Männer entwickeln.

Worauf freuen Sie sich in Innsbruck ganz besonders?

Ich glaube, dass unsere Kirche, vermutlich auch unser Orden, Neuaufbrüche brauchen. Genau solch einen Neuaufbruch ist dieser Umzug und darauf freue ich mich. Es ist ein Neubeginn sowohl inhaltlich, strukturell als auch von der Art und Weise, wie wir Noviziat gestalten wollen. Wir müssen auf unser Miteinander schauen. Wie geht Noviziat im Jahr 2022 mit kleineren Gruppen? Wie geht Noviziat auch mit der kirchlichen und gesellschaftlichen Situation? An einem neuen Ort und unter anderen Rahmenbedingungen neu anzufangen, freut mich, weil ich glaube, wir brauchen viele Neuanfänge.

Was erhoffen Sie sich für die nächsten fünf Jahre für das Noviziat in Österreich?

Also die erste Hoffnung ist, dass es dieses Noviziat weiter geben wird, das es immer noch verrückte junge Menschen gibt, die sagen: diesen Lebensentwurf „Jesuit sein“ will ich probieren und das ist eine Weise, wie tolles Leben möglich ist. Ich würde sagen, ich habe eine der schönsten Aufgabe in unserem Orden, denn es ist wirklich ein Privileg, junge Menschen begleiten zu dürfen, die etwas wollen, die so ehrlich, ernsthaft unterwegs sind. Das ist bereichernd und wahnsinnig lehrreich für mich persönlich.

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