• P. General im Gespräch mit P. Pierre Martinot-Lagarde SJ

P. General würdigt weltweiten humanitären Einsatz von Jesuiten

Am ersten Tag seines Besuchs in der Schweiz ist der Generalobere Arturo Sosa SJ mit Vertretern von internationalen humanitären Organisationen in Genf zusammengetroffen. Arme und Ausgegrenzte, die an Bildungsprogrammen der Jesuiten teilnehmen, grüßten den Gast per Videobotschaft, der gemeinsam mit Tomasz Kot SJ, Assistent für Zentral- und Osteuropa, und dem Medienverantwortlichen Pierre Bélanger SJ gekommen war.

Der Konferenzsaal der Jesuitenkommunität in Carouge war mit über zwanzig Repräsentanten von Kirche, Nichtregierungsorganisationen, Medien und UNO-Werken gut gefüllt. Die klare Überzahl von männlichen Gästen bei diesem Empfang stach allerdings ins Auge - wohl ein Spiegel der Strukturen innerhalb von Kirche und humanitärer Organisationen.

Der Schweizer Provinzial Pater Christian Rutishauser SJ begrüßte die Gäste und bot einen Überblick über die historische Entwicklung der Jesuiten in der Westschweiz sowie das besondere Engagement in Genf. Dabei betonte er die Bedeutung der Gesellschaft Jesu für die katholischen Medien in der Romandie. Heute sei eine klare Verschiebung spürbar - vom lokalen Engagement innerhalb der Genfer Kirchenlandschaft hin zu internationalen Engagements der Jesuiten: etwa durch den Flüchtlingsdienst der Jesuiten JRS oder durch die Präsenz bei der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.

Nach der Vorstellung der Genfer Kommunität durch Superior Bruno Füglistaller SJ und Pierre Martinot-Lagarde SJ wurden die Gäste der drei internationalen Jesuitenwerke JRS, ILO und Jesuit Worldwide Learning JWL vorgestellt. Die Vielfalt der Nationalitäten war faszinierend und passend zu einer internationalen Stadt wie Genf: Die Gäste stammen aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, England, Libanon, Argentinien, Venezuela, Polen, USA. Der Direktor von Jesuit Worldwide Learning, Peter Balleis SJ, gab das Wort danach an Frau Oula Abu-Amsha, Direktorin des Bildungsbereichs von JWL. Die gebürtige Syrerin teilte mit den Gästen ein bewegendes Stück ihrer Lebensgeschichte: Sie ist Tochter palästinischer Flüchtlinge und plädierte für freien Zugang zu Bildung für alle Menschen. Hochschulbildung müsse für Menschen an den Rändern der Gesellschaft zugänglich sein und dürfe nicht als Luxusgut betrachtet werden. "Wenn dir alles in deinem früheren Leben weggenommen wurde, so bleibt dir immerhin noch die Bildung als ein unzerstörbarer Wert!"

Der weitere Verlauf des Abends stand ganz im Zeichen der apostolischen Präferenzen der Jesuiten. Papst Franziskus hatte diese im Februar 2019 wie folgt bestätigt:

  • Ein Weg zu Gott: Durch ignatianische Unterscheidung und Exerzitien zu Gott finden helfen.
  • An der Seite der Benachteiligten: Auf dem Weg mit den Armen, den Ausgestoßenen der Welt, den in ihrer Würde Verletzten für Versöhnung und Gerechtigkeit eintreten.
  • Mit jungen Menschen: Jugendliche und junge Erwachsene bei der Gestaltung einer hoffnungsvollen Zukunft begleiten.
  • Für die Schöpfung: In der Sorge um das Gemeinsame Haus zusammenarbeiten.

Und wo würden die Gäste ihre Präferenz setzen? Auf Pierre Martinot-Lagardes Frage folgte unisono die Antwort: Alle vier apostolischen Präferenzen seien wichtig. Die Schwerpunkte jedoch sind bemerkenswert. So erwähnte Martin Robra vom Conseil Oecuménique das grössere Bewusstsein der breiten Bevölkerung für die Erhaltung der Schöpfung, insbesondere in den Kirchen: "Wir erleben heute eine stärkere Bereitschaft zur Zusammenarbeit, wenn es um ökologische Anliegen geht  - Gott sei Dank." Nick Sore von UNHCR verwies auf die Verbindung zwischen dem Jugendapostolat und der Sorge um die Ausgegrenzten: "Unter den Armen, Flüchtlingen und Ausgegrenzten sind Jugendliche und Kinder in den meisten Fällen zusätzlich ausgegrenzt und bedroht. Sie leiden doppelt an ungerechten Strukturen." Für Erzbischof Ivan Jurbkovic, den apostolischen Nuntius in Genf, ist klar, dass die Jesuiten eine Rolle in dieser internationalen Stadt spielen müssten: "Hier in Genf leben ungefähr 20 000 Diplomaten, die über das Schicksal von Nationen beraten. Wir als Kirche haben hier eine Mission."

Pater Arturo Sosa SJ hielt den besonderen Charakter des Entstehungsprozesses der Präferenzen fest. Zum ersten Mal in der Geschichte der Gesellschaft Jesu waren sämtliche Mitbrüder, Kommunitäten, Werke, Provinzen und Regionen in den Unterscheidungsprozess eingebunden, dessen Resultate Verbindlichkeit für die nächsten zehn Jahre haben. "Die Präferenzen sind für uns alle eine Inspiration. Sie sollen uns zur inneren Konversion anleiten. Dies ist eine Einladung an jeden einzelnen Jesuiten und an die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten. Und doch wird der Unterscheidungs- und Reflexionsprozess auch in Zukunft weitergehen müssen: Mit den apostolischen Präferenzen sind wir nicht am Ende des Prozesses angelangt." Bemerkenswert war dabei Pater Arturos Blick auf die Bedeutung des Jugendapostolats: "Oftmals gehen Jesuiten davon aus, man müsse junge Menschen zu allem anleiten und ihnen den Weg zu Gott zeigen. Kennen wir diesen Weg denn selber genug? Vielleicht geht es nicht darum, den Jugendlichen zu helfen, sondern dass uns viel mehr junge Menschen helfen können."

Berührend war die Grussbotschaft von Studierenden und Lehrpersonen von Jesuiten-Flüchtlingsdienst und Jesuit Worldwide Learning: Sie berichteten in kurzen Videos aus Afghanistan, Irak, Jordanien, Kenia und Malawi über ihre derzeitigen Herausforderungen, Schwierigkeiten, Hoffnungen und Träume. So waren Arme und Ausgegrenzte mitten drin im Abendanlass. Ihre Geschichten hallten beim späteren Apéro in vielen Gesprächen nach.

Pascal Meyer SJ (jesuiten.ch)

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