• Tobias Specker SJ ist Juniorprofessor für "Katholische Theologie im Angesicht des Islam".
  • Papst Franziskus und Großimam Achmed al-Tayyeb unterzeichneten am Montagnachmittag eine gemeinsame Erklärung.
  • "Gott will nicht, dass sein Name dazu benutzt wird, Menschen zu terrorisieren."
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Papstbesuch in Abu Dhabi hat Hoffnung gemacht

Nach der historischen Reise von Papst Franziskus in die Vereinigten Arabischen Emirate blickt Pater Tobias Specker SJ, Juniorprofessor für "Katholische Theologie im Angesicht des Islam" in Sankt Georgen, zurück: Was hat der erste Besuch eines Papstes auf der Arabischen Halbinsel, die als Wiege des Islam gilt, gebracht?

Jetzt haben wir drei Tage glitzernde Paläste, jubelnde Christen und einfühlsame Großimame gesehen - war der Papstbesuch in Abu Dhabi nur eine Show?

Eine Show war weder der Besuch noch der freundliche Empfang, sondern sehr ernst gemeint. Aber er war sicher ein Symbol. Das heißt, er hat eine Wirklichkeit gezeigt, die so an vielen Orten kein Alltag ist. Aber er hat Hoffnung gemacht, dass es einmal so harmonisch sein kann. Und vielleicht hat er bei Christinnen und Christen und auch bei Muslimen und Muslima die Sehnsucht verstärkt, dass sie alles tun, damit es so wird.

Was hat der Besuch konkret gebracht?

Zunächst hat er aller Welt - und auch vielen Menschen in den Ländern auf der arabischen Halbinsel - gezeigt, wie viele Christen mitten unter ihnen leben. Er hat dem Christentum ein Gesicht gegeben, vor allem auch den asiatischen und afrikanischen Gläubigen, die es schwerer haben als die Christen aus der westlichen Welt. Und das ist viel. Denn so zeigt er, dass auch das Leben in den Golfstaaten religiös gemischte Länder sind. Dass also die Idee "ein Land, ein Volk, eine Religion" auch dort nicht stimmt und nur durch eine massive Benachteiligung der religiösen Minderheiten erkauft werden kann. Das gilt übrigens nicht nur für die arabische Halbinsel, diese Ideen gibt es ja auch in Europa.

Und dann darf man das "Dokument über die Geschwisterlichkeit unter den Menschen für den Weltfrieden und das Zusammenleben", das am Montag unterzeichnet wurde, nicht unterschätzen. Ich denke und hoffe, dass uns das Dokument noch weiter beschäftigen wird. Um nur einen Punkt zu nennen: Wenn die Vielfalt der Religionen wirklich von Gott in seiner Weisheit gewollt ist, dann kann und darf man die Angehörigen einer anderen Religion nicht so leicht als Ungläubige bezeichnen. Wieviel Leid wäre erspart geblieben, wenn sich diese Sicht schon durchgesetzt hätte! Und man darf nicht vergessen, dass diese Auffassung keineswegs von allen islamischen Verbänden in Deutschland geteilt wird. Ich hoffe, dass es hier auch eine Rückwirkung auf die deutsche Diskussion geben wird.

Noch einmal ganz praktisch: Viertausend Muslime waren bei der Messe am Dienstag. Und viele haben den Papst erlebt und ihre christlichen Brüder und Schwestern gesehen. Ich hoffe, dass der Besuch in den Emiraten, aber auch hier, alle ermuntert, konkrete Gläubige kennenzulernen, Freundschaften zu schließen, etwas gemeinsam zu unternehmen.

Der Papst ist also nicht politisch funktionalisiert worden?

Ich denke nicht. Man darf natürlich nicht übersehen, dass die Einladung in die Vereinigten Arabischen Emirate nicht zufällig war. Sie steht im Zusammenhang mit der Politik der Emirate, Saudi-Arabiens und Ägyptens sich einerseits religiös zu öffnen, andererseits die autoritären Herrschaftsstrukturen mindestens einmal zu stabilisieren, wenn nicht zu verschärfen. Aber der Papst hat sehr konkret, ich hätte das nicht gedacht, den Jemenkrieg kritisiert und Meinungsfreiheit gefordert. Er hat also die Toleranz gewürdigt, die es ja wirklich gibt und die bisher in der Art fürsorglicher Autorität vom Herrscher gewährt wird. Zugleich ist er nicht blind und naiv. Der Weg zu wirklicher Religionsfreiheit des Einzelnen und zu gleichen Bürgerrechten ist noch weit. Man darf bei aller Begeisterung über den Besuch auch die anderen Länder nicht vergessen, in denen das Leben der Minderheiten, ja, oft auch das Leben der nicht radikalen Mehrheiten schwieriger geworden ist. Ich denke an Pakistan, an Indonesien oder an afrikanische Länder wie Burkina Faso oder Mali. Und zugleich darf man auch die positiven Signale nicht übersehen, die im religiösen Bereich zum Beispiel aus Jordanien und Marokko kommen.

Haben Sie noch einen Satz, der Ihnen vom Besuch besonders in Erinnerung ist?

Wenn ich es richtig sehe, beginnt das Dokument in einem dreifachen Namen. Es spricht im Namen Gottes, im Namen der unschuldigen Opfer und im Namen der Schwachen. das hat mich sehr beeindruckt. Diese drei Namen darf man um Gottes willen nicht trennen.

Autor:

Tobias Specker SJ

Prof. Dr. Tobias Specker SJ ist 2001 in den Jesuitenorden eingetreten. 2007 wurde er zum Priester geweiht. Er hat im Von 2005 bis 2010 als Bildungsreferent im Heinrich Pesch Haus (Katholische Akademie Rhein-Neckar) gearbeitet und war Islambeauftragter der Diözese Speyer. Seit 2014 ist er Juniorprofessor, seit 2021 Professor für „Katholische Theologie im Angesicht des Islam“ an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Seit 2021 ist er auch Superior der dortigen Jesuitenkommunität.

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