1 / 2

Rubens kehrt zurück an seinen Platz

Seit 380 Jahren hängt ein Gemälde von Peter Paul Rubens in der Kölner Jesuitenkirche. Weil es sich dort am wohlsten fühlt, wurde es auf der Empore restauriert. Nun kommt das Bild wieder an die Wand. Das dauert einen Tag.

Köln (KNA) - London, Madrid, Florenz - in ganz Europa zeigen Spitzenmuseen die Gemälde des schon zu Lebzeiten berühmten Barockmalers Peter Paul Rubens (1577-1640). Sein letztes und für viele persönlichstes Bild "Kreuzigung Petri" ist in Köln zu bewundern - in der Jesuitenkirche. Seit 1642 hängt das rund 2,5 mal 3,5 Meter große Werk in Sankt Peter nahe des Neumarkts. Hochdramatisch zeigt Rubens den Augenblick, in dem der Apostel Petrus kopfüber ans Kreuz genagelt wird. Fünf Schergen machen sich an dem beinahe nackten Heiligen zu schaffen.

Ausgelagert wurde das Gemälde selten, etwa zu Kriegszeiten. Selbst während der Restaurierungsarbeiten ist es in der gotischen Kirche geblieben. Die Restauratoren ließen es allerdings abhängen und auf die Empore hinter einen abgesperrten Bereich bringen, wo sie das Werk in Ruhe auffrischen konnten.

Nach rund zweieinhalb Jahren sind die Arbeiten nun abgeschlossen. Kommenden Montag kehrt das Bild wieder an seinen angestammten Platz im südlichen Seitenschiff zurück - zunächst hinter einem Vorhang. Während der Fastenzeit vor Ostern sind alle Kunstwerke in Sankt Peter verhüllt. Am Ostermontag soll das Werk der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Wie bedeutsam das Bild ist, zeigt der hohe Aufwand, den die Verantwortlichen betreiben. Allein für die wenigen Meter Transport von der Empore zum Seitenschiff setzt Erzdiözesankonservatorin Anna Pawlik einen vollen Arbeitstag an. Etwa ein halbes Dutzend Arbeiter und ein Spezialkran werden dafür Sorge tragen, dass das 380 Jahre alte Meisterwerk im Schneckentempo und möglichst erschütterungsfrei an seinen Platz gelangt.

Häufig werden Gemälde dieser Klasse in Fachwerkstätten restauriert. Doch die "Kreuzigung Petri" hängt schon so lange in Sankt Peter, dass das Werk sich dort am wohlsten fühlt. "Das Bild scheint sich an dieses Innenraumklima gut gewöhnt zu haben", sagt Pawlik. Immerhin hat es schon rund 380 mal Sommer und Winter in der Kirche mitgemacht. Die stets konstanten Temperaturen in einer Werkstatt könnten für das Gemälde Stress bedeuten.

In Sankt Peter überarbeiteten die Restauratoren vor allem gealterte Retuschen, die zwischen den 1960er- und den 1990er-Jahren aufgetragen worden waren. "Es sah ein wenig so aus, als wäre mal ein Ei gegen das Gemälde geflogen und dann nach unten verlaufen", erklärt Pawlik und bewegt ihre Hand wenige Zentimeter über der Bildoberfläche von oben nach unten.

Von den Schlieren ist jetzt nichts mehr zu sehen. Dafür habe das Bild "eine unglaubliche Tiefe gewonnen", sagt Pater Stephan Kessler mit Begeisterung. Sogar Details in der dunklen unteren Bildhälfte könne man nun wieder erkennen. Der Jesuit leitet die Kunststation Sankt Peter: Die Kirche versteht sich als Ort des Dialogs von Kunst und Religion und stellt weitere Werke aus.

Für seine Gemeinde und für Köln habe "Kreuzigung Petri" seit eh und je eine große Bedeutung, erklärt Kessler. "Als es 1642 hier ankam, war es ein skandalöses Bild." Rubens habe Dramatik und Emotion vermittelt. Das damals hochmoderne Gemälde habe Köln sozusagen aus dem dunklen Mittelalter geholt. Zudem handele es sich um das einzige Rubens-Gemälde in Deutschland, das immer noch an dem Ort hängt, für den es ursprünglich gemalt wurde.

Rubens lebte als Kind eine Zeit lang in Köln. Der Junge kannte Sankt Peter gut: Sein Vater wurde hier beerdigt. Als später eine wohlhabende Kölner Kaufmannsfamilie ein Altarbild für die Kirche in Auftrag gab, sagte der Maler zu. Kurz vor seinem Tod am 30. Mai 1640 in Antwerpen vollendete er das Werk.

Kunstforschende gehen davon aus, dass Rubens an der "Kreuzigung Petri" ungewöhnlich intensiv selbst malte. Viele seiner sonstigen Werke sind zu großen Teilen von seinen Mitarbeitern geschaffen; der Chef legte nur letzte Hand an. "Auch inhaltlich geht es um eine persönliche Frage für den alternden Meister, der sein Ende spürt und sich mit seinem Namenspatron identifiziert", vermutet Kessler.

85.000 Euro kostete die Restaurierung, getragen vom Erzbistum Köln mit Unterstützung des Landes NRW. Pawlik und Kessler halten den Standort Kirche weiterhin als geeignet für das barocke Werk. "Es ist doch ein unglaublicher Wert, ein unverspiegeltes Bild örtlich anschauen zu können", betont der Jesuit. "Aber wie alle Werte - etwa die Demokratie - ist auch dieser sensibel."

Von Anita Hirschbeck (KNA)

Newsletter

Das Magazin „Jesuiten“ erscheint mit Ausgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Bitte wählen Sie Ihre Region aus:

×
- ×