Als ich 17 oder 18 Jahre war, musste ich mir Sätze wie die folgenden anhören: „Aus Dir wird mal ein Jesuit!“ oder wahlweise auch „Du wirst mal Priester!“ Aber was genau an meiner Person gab einigen Menschen Anlass für ihr prophetisches Reden? Nun: Ich verbrachte damals viel Zeit orgelübend in der Kirche. Ich war sehr engagiert in der Jugendarbeit meiner Heimatgemeinde St. Ignatius in Frankfurt am Main. Und ja: Für jugendliche Verhältnisse war ich wohl fromm. Ich fuhr nach Taizé, meditierte gerne, machte Exerzitien. Ich liebäugelte schon mit den Jesuiten, hatte ich doch in unserem damaligen Pfarrer ein Vorbild an menschlicher Güte, intellektueller Schärfe und geistlicher Tiefe. Das zog mich an. Außerdem war ich nicht bekannt für allerlei amouröse Abenteuer. Ich war schon immer ein bisschen brav. Aber ich war auch ich. Deshalb ging mir diese Art des prophetischen Redens irgendwann ziemlich auf den Wecker.
Und so ging ich erst einmal mit großer Offenheit ins Studium der Theologie – nicht nur, weil ich mich gerne immer wieder verliebte und nach Partnerschaft sehnte, sondern auch weil ich mir dachte, dass Gott es mir schon deutlich zeigen würde, wenn ich Jesuit oder Ordensmann werden sollte. Parallel zur Theologie studierte ich in München Philosophie und entdeckte mit ihr eine echte neue Leidenschaft: das Gespräch. Denn Philosophie ist vor allem ein jahrtausendealtes Gespräch unzähliger Stimmen über die im Grunde sich gleichbleibenden großen Fragen des Lebens. Es faszinierte mich, diesen Stimmen in klassischen Texten zuzuhören, meine eigene Stimme mit meinen Fragen in den Chor zu mischen und dabei auszuhalten, dass das Gespräch immer weitergeht und endgültige Antworten fehlen.