• Gemeinsames Kunstprojekt der Bewohner des Abuna Frans Hauses.
  • In der Küche findet Gemeinschaft statt.
  • Gemeinsame Gartenarbeit im Sommer verbindet auch über Ländergrenzen hinweg.
  • Lutz Müller SJ und Ludger Hillebrand SJ leiten das Abuna Frans Haus.
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Vom Pfarrhaus in eine Flüchtlings-WG

Ein Pfarrer hat ein halbes Jahr Zeit, bevor er sich seinen neuen Aufgaben widmen muss. Er wagt ein Experiment und zieht für sechs Monate nach Essen in die Jesuitenkommunität ins Abuna Frans Haus. Es war ein Experiment, der Umzug vom gutsituierten Pfarrhaus in einer Kleinstadt im Hunsrück in die Wohngemeinschaft mit Geflüchteten in Essen. Doch der freundliche Empfang mit einem Glas Sekt, den Pater Lutz Müller SJ mit seinen Schützlingen bereitete, ließen schnell jeden Zweifel bei Clemens Grünebach schwinden. Im Abuna Frans Haus in der Frohnhauser Straße wird Gastfreundschaft großgeschrieben.

Der 50-jährige Seelsorger, Dechant im Bistum Trier, lebt seit Juni diesen Jahres zusammen mit elf Flüchtlingen unter einem Dach in dem Wohnexperiment der beiden Jesuiten Ludger Hillebrand und Lutz Müller. „Ich wollte ausprobieren, ob das in meinem Alter noch geht, aus einem Einzelhaushalt, in dem alles geregelt und gut organisiert ist, in einer Wohngemeinschaft zu leben“, erklärt Pfarrer Grünebach sein Motiv. Dass es dann auch noch mit Flüchtlingen sein sollte, ergab sich einmal weil der gebürtige Essener vom Abuna Frans Haus gehört hatte, aber auch weil Grünebach aus seinem Kontakt mit der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermeskeil die Lebensbedingungen der Geflüchteten zwar kannte, aber noch mehr deren Lebensschicksale an sich ranlassen wollte. „Ich wollte nicht nur von außen an die Problematik herangehen, sondern mich auch berühren, mich treffen lassen.“

Die Seelsorge für die Ausgegrenzten ist ihm ein besonderes Anliegen. Schon früher hatte er bei den Straßenexerzitien von Pater Christian Herwartz SJ mitgemacht und erlebte das Schicksal von Menschen auf der Straße hautnah. So war es naheliegend, dass der Ex-Germaniker seine Auszeit zwischen zwei Aufgaben mit einem jesuitischen Sozialexperiment füllen wollte. – Ab Januar wird Grünebach Deutschlands erste Großpfarrei übernehmen und dann immerhin für rund 99.000 Katholiken zuständig sein.

„Es ist mir schon länger ein Anliegen, den Kontakt zu haben nicht nur mit Menschen der gutbürgerlichen Gesellschaft, sondern jenen, die es schwer haben, die am Rande stehen,“ begründet er seinen Entschluss

Nach vier Monaten ist er tief berührt von der Gastfreundschaft im Abuna Frans Haus. Dort, wo jeder einerseits für sich wohnt -  jeder hat ein angemietetes Zimmer – wird von jedem so viel gekocht, dass es für die anderen auch reicht. Jeder geht dennoch seinen Weg, arbeitet, geht zum Sprachunterricht. Das Experiment, das die beiden Jesuiten 2016 begannen, lebt vom Vorbild der Patres genauso wie den strikten Regeln der Hausordnung. „Aber“, sagt Grünebach, „dass es gelingt, dass sich elf Männer aus unterschiedlichen Kulturkreisen, unterschiedlicher Nationalität, unterschiedlicher Religion, unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Fluchterfahrung mit Repekt  begegnen, das finde ich großartig.“

„Ich glaube, das Erfolgsrezept ist, dass die Flüchtlinge das Abuna-Frans-Haus als Schutzraum erfahren“, sagt Grünebach. „Ich nehme sehr viel Dankbarkeit und gegenseitige Rücksichtnahme wahr.“

Der künftige Pfarrer von Saarbrücken, der bei der Umstrukturierung maßgeblich beteiligt war, habe eines für sich gelernt: „Man kann mit Wenig gut auskommen. Es relativiert die Sicht auf unsere deutsche Kultur, die nur eine unter vielen ist, auf die christliche Religion, die nur eine  unter vielen ist. Ich habe eine neue Demut gelernt.“

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