Guten Abend Pater,
Sie wissen nicht, wie leid es mir tut, dass ich diese Woche unsere Videokonferenz verpasse, es wäre ein Moment der Ruhe und Stille; nächste Woche bin ich sicher wieder dabei…
Es ist schon 23.50 Uhr. Und obwohl ich seit über 12 Stunden im Dienst bin, ist da unter der Maske noch immer das Lächeln darüber, es geschafft zu haben, Menschen ins Krankenhaus zu bringen, die es wirklich nötig hatten, und diejenigen mit einem Wort des Trostes in ihren eigenen vier Wänden zurückzulassen, die noch warten können und weiterhin in ihrem eigenen Bett behandelt werden.
Es ist leider nicht so einfach. Wir sprechen zwar mit einer Krankenschwester der Zentraleinheit über möglichen Optionen für die Patienten, sie unterstützen uns auch, während wir draußen ihre Augen sind, aber wir sind eben nur wir.
Ich habe Menschen zugehört, die Angst hatten. Jeder in einer solchen Situation hat Angst, aber in Bergamo sieht man die Angst in den Augen. Man sieht sie in den Augen von Kranken, die nach 15 Tagen zu Hause den Rettungswagen rufen.
Ich werde niemals die Tochter von Frau Franca vergessen können, die die ganze Zeit weinte, als ich mit ihr sprach, weil sie sich vermutlich aus Versehen den Oberschenkel gebrochen hatte und in das Krankenhaus zurückkehren musste, aus dem sie erst vor kurzem nach einer schweren Lungenentzündung entlassen worden war; oder an die 74-jährige Frau Luigina, die mit dem für Bergamo so typischen Akzent stolz und entschlossen zu mir sagte: „Ich will zu Hause sterben.“
Ich werde nie wissen, wie diese Geschichten weitergingen, denn ich bin nur ein einfacher Leichenträger, der das Technische im Rettungswagen macht... Ich werde wohl auch nie wissen, was aus dem Baby wurde, dessen Geburt ich mitbekam...
All diese Erfahrungen machen mich reich, ich trage sie in mir. Es ist schwierig, ruhig und klar zu bleiben. Wir müssen versuchen, uns nicht zu sehr berühren zu lassen. Aber wie kann man sich nicht davon berühren lassen, wenn man an einem Tag mit einem Patienten sechs Stunden lang vor der Notaufnahme gestanden hat in der Hoffnung, doch noch dran zu kommen...
Wir haben das Privileg, von der Person, die wir als Patient bezeichnen, etwas mehr zu erfahren. Die Tränen, die wir verbergen, sind eine Art Ventil. Die Rettungseinsätze in der Provinz Bergamo verlaufen alle ähnlich.
Ich habe Angst um meine Familie, deshalb schütze ich mich bestmöglich und halte das Infektionsrisiko gering. Es ist wichtig, ein Lächeln zu behalten, auch wenn es schwierig ist. Denn selbst wenn das Lächeln versteckt ist, ist es doch immer eine Quelle des Trostes.
Ich werde bald ins Bett gehen. Gute Nacht, Pater!