Jesuiten 2011-1

20 Jesuiten Schwerpunkt: Die Welt erforschen – Gott finden Schwerpunkt Schöne Natur nur für Reiche? Ein Engagement aus ignatianischer Perspektive Irgendwann schwammen tote Fische im Fluss, das Wasser war rot und wir Kinder konnten in dieser Lache nicht mehr schwimmen.Als ich meinenVater fragte, warum unser kleiner Fluss rot und die Fische tot waren,bekam ich zurAntwort:Dies sei nötig – eine Hähnchenschlächterei bot eine neue Quelle für Einkommen. Seither wollte ich wissen,warum wir unsere Umwelt zerstören müssen,damit es uns Menschen besser geht.Als ich in der Schule im Biologieunterricht einen Vortrag über die toten Fische,den Fluss und die Fabrik hielt,waren meine Freunde nicht begeistert.Die meisten waren Bauernkinder,die sich über den wachsendenWohlstand freuten.Sie gaben mir deutlich zu verstehen,dass nicht nur meine Familie ein Recht auf Wohlstand hätte, sondern auch ihre Familien.Irgendwann wurde die Hähnchenschlächterei in meinem niederbayerischen Heimatort geschlossen,nicht wegen meiner Proteste,sondern wegen der beiden Ölpreisschocks in den 70er Jahren.Das Züchten von Hähnchen wurde zu teuer.Die Umweltbewegung und moderne Technik haben zusätzlich zum Ölpreisschock dazu beigetragen,dass in den reichen Ländern diese lokalen Umweltprobleme gelöst wurden. Ohne dieses Erlebnis hätte ich wahrscheinlich Naturwissenschaften studiert,vor allem die Biologie hatte es mir angetan:Charles Darwin und Pierre Teilhard de Chardin habe ich verschlungen.Aber ich wollte ja die Frage beantworten,wie man die Plünderung des Planeten verhindern könne. Und so studierte ich Wirtschaftwissenschaften;ich wollte wissen,ob und wie der Konflikt zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltschutz zu lösen sei. Im Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) Der Schauplatz,auf dem ich diese Konflikte austrage,hat sich geändert,das Problem nicht: Heute leite ich eine der drei Arbeitsgruppen im Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC).Auch im Weltklimarat fordern die Reichen von den Armen,dass sie mehr zum Klimaschutz beitragen müssen.Manchmal scheint es mir aussichtslos,dieses Problem durch langwierigeVerhandlungen zu lösen:Zu unterschiedlich die Interessen,zu groß die Unterschiede zwischen Arm und Reich.Der steigende Ölpreis wird das Problem diesmal nicht lösen,er macht es sogar noch schlimmer.Wenn der Ölpreis steigt,werden China und Indien noch mehr von ihren enormen Kohlevorräten nutzen.Ohne eine internationale Klimapolitik übernutzen wir die Atmosphäre und riskieren – vor allem in den armen Ländern – zunehmende Dürren und Überschwemmungen,geringere Ernten und einen bedrohlichen Anstieg des Meeresspiegels. Das Ringen um eine vernünftige Lösung des Klimaproblems bestimmt meinen Alltag im Weltklimarat:Wie kann die Übernutzung der Atmosphäre verhindert werden? Wie viel des verbleibenden Deponieraums steht den Reichen, wie viel den Armen zu? Gibt es technische Möglichkeiten,Wirtschaftswachstum vom Emissionswachstum zu entkoppeln? Sollen wir verstärkt auf Kernenergie setzen

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