Jesuiten 2015-3

Herr, ich bin nicht würdig Wenn der Agnus-Dei-Gesang verklungen ist, zeigt der Priester der Gemeinde die gebrochene Hostie mit den Worten, die das Johannesevangelium dem Täufer in den Mund legt, als das „Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt“. Die Antwort der Gemeinde lautet: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ „Dieses Gebet kann ich gar nicht mitsprechen“, sagte mir jemand, „dahinter steckt doch ein Gottesbild, das wir Christen hoffentlich überwunden haben“. Das Gebet scheint den Menschen klein zu machen. Jesus selbst hat so nicht gebetet und seine Jünger anders zu Gott zu beten gelehrt, wie wir im Vaterunser ohne Mühe nachlesen und mitsprechen können. Zwei Überlegungen mögen deshalb helfen, das Gebet vor dem Kommunionempfang gut zu verstehen und mit bereitem Herzen mitzubeten. Erstens: Es geht um Gott! Wenn wir bekennen: Ich bin nicht wert, ich bin nicht würdig, dann stehen wir damit nicht vor irgendeinem Menschen, sondern wir kommen durch Jesus mit Gott in Kontakt. Der Religionsphilosoph Romano Guardini schreibt: „Wenn die Anbetung nur sagte: Ich beuge mich vor Dir, weil Du stärker bist als ich, so wäre das schwach und im Letzten unwürdig. Sie sagt aber: ‚Ich tue es, weil Du dieses SichBeugens würdig bist. Ich habe erkannt, dass Du nicht nur Wirklichkeit, sondern auch Wahrheit; nicht nur die Macht, sondern auch das Gute; nicht nur Wucht und Gewalt, sondern auch der unendliche Wert und der Sinn einfachhin bist.“ Zweitens: Der zweite Satz ist genauso wichtig wie der erste! Gewiss hat die Haltung der Demut („ich bin nicht würdig“) vor Gott ihre Berechtigung. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte heißt: „Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Der zweite Satz will genauso erinnert und gelebt werden. Schließlich gehört Vertrauen als Haltung – ob schwach und zögerlich oder überzeugt und kraftvoll – zur Begegnung mit Christus dazu, der im Brot der Eucharistie anwesend ist. Der Glaube, der sich eben in beiden Sätzen ausdrückt, ruft bei Jesus Staunen und Bewunderung hervor, mehr noch: Im Blick auf den heidnischen Hauptmann, der diesen Satz gesprochen hat, berichtet das Evangelium das einzige Mal, dass Jesus jemanden bewundert (Mt 8,5-13)! Von Ignatius von Loyola wird berichtet, er habe im vorgerückten Alter immer wieder gebetet: „Herr, schenke mir ehrfürchtige Liebe und liebende Ehrfurcht“. In dieser Spannung stehen wir vor Gott. Man kann sie nicht auf eine Seite hin auflösen. Hermann Kügler SJ Schwerpunkt 19 Jesuiten n September 2015 n Messe feiern © KNA-Bild / Opitz

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