Jesuiten 2016-1

Metodi Ein Blick auf den Samariter: „Ein Samariter, der unterwegs war, kam ebenda hin, sah ihn an, und es ward ihm weh ums Herz.“ (Lk 10,33) Mitte März 2008 schleppte sich Metodi mit letzter Kraft ins CONCORDIA Sozialzentrum in Sofia. Seine Beine und seine Arme waren geschwollen. Am Oberarm hatte er eine eiternde Stichwunde. An den Unterarmen und Händen hatte er große offene Stellen. An seinem linken Unterschenkel hatte er eine handgroße, tiefe Wunde. Während eine Freiwillige Metodi frische Verbände anlegte, erzählte er, was passiert war. Er verdiente sein Geld als Transvestit. Vor einer Woche wurde er von einer Gruppe rechtsradikaler Jugendlicher zusammengeschlagen. Schwer verletzt konnte er sich in ein Taxi retten. Er wurde im Spital kurz verarztet, aber nicht stationär aufgenommen. Seither hielt er sich in seinem gemieteten Zimmer auf. Sein Zustand wurde jeden Tag schlechter. Ein Freund riet ihm schließlich, ins CONCORDIA Sozialzentrum zu gehen. Nachdem wir die Wunden verarztet hatten, fuhren ein Sozialarbeiter und ich mit ihm ins Spital. Wir mussten lange warten. Diesmal wurde er gründlich untersucht. Am Ende der Untersuchung sagte mir der Arzt, dass Metodi einen Nierenriss habe. Er müsse operiert werden, sonst würde er sterben. Da er keine Krankenversicherung habe, müsse jemand für die Kosten aufkommen. Er fragte mich, ob ich bereit sei, 120 Euro zu bezahlen. Noch am selben Tag überwies ich das Geld. Danach war Metodi für eine Woche im Spital. Als er entlassen wurde, konnte er weder gehen noch seine Hände benutzen. Ich wollte das zuerst nicht akzeptieren und ihn ins Spital zurück bringen. Wir wurden aber schroff abgewiesen. Wenn er sein Zimmer verlassen wollte, musste ihn jemand tragen. Beim Essen musste ihn jemand füttern, weil seine Hände eingebunden waren. Der Heilungsprozess von Metodi dauerte lange. Wir erfuhren immer mehr über seine Geschichte. Zu seinem Lebenswandel vor dem Überfall gehörte der Konsum von Heroin. Metodi machte bei uns einen „kalten Entzug“. So nennt man eine Entziehungskur ohne medizinische Hilfe. Einige Wochen nachdem er sich von uns verabschiedet hatte, kam er zurück und schenkte mir eine JesusIkone. Metodi war sympathisch und feinfühlig. Anfangs sah ich ihn und seine Behinderungen als eine zusätzliche Belastung. Im Rückblick denke ich, dass durch Menschen wie ihn die Hausgemeinschaft, die sich damals im Aufbau befand, mehr und mehr zusammengewachsen ist. Markus Inama SJ 14 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2016 n DER BARMHERZIGE SAMARITER

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==