Jesuiten 2016-1

Frans van der Lugt SJ – die Anderen annehmen In Syrien wird nun seit fast fünf Jahren Krieg geführt. Zwischen den verschiedenen ethnischen, religiösen und politischen Gruppen gibt es nur noch wenig Vertrauen. Die gegenseitige Toleranz ist durch viele Missverständnisse verloren gegangen und feindselige, mit Hass erfüllte Diskurse führen zu einem sich immer schneller drehenden Teufelskreis des gegenseitigen Ermordens. Pater Frans van der Lugt lebte vierzig Jahre in diesem Land, bevor er am 7. April 2014 von unbekannten Tätern ermordet wurde. Als junger Mann hatte er beschlossen, sein Leben mit den Menschen dort zu verbringen, obwohl sie sich sehr von ihm und auch untereinander unterschieden. Er lernte ihre Sprache und lebte mit ihnen. Aber vor allem: er liebte sie, er hörte ihnen aufmerksam zu und er half ihnen Schätze, die in ihrem Inneren versteckt lagen, zu heben. Für ihn war es wichtig, die Menschen der verschiedenen Gruppen zusammenzubringen, denn normalerweise blieben sie unter sich. Er setzte große Hoffnung in die Jugend. Ich war eine der Jugendlichen, die an den Wanderungen, die er organisierte, teilnahm. Durch den gemeinsamen Weg lehrte er uns, einander wertzuschätzen und zu teilen, was wir hatten. Aber auch wie wir den Anderen verstehen, akzeptieren und lieben können. All das nur, indem wir gemeinsam den Weg gingen und sowohl seine Schönheit als auch seine Beschwerlichkeit teilten. Immer wieder spornte er uns an: „Illal ‚amam!“ – Vorwärts! Eine Haltung, die noch in vielen von uns nachklingt und uns weiterträgt, trotz allem. Pater Frans hatte verstanden, dass es keine andere Zukunft für die Kirche in Syrien gibt, als sich gegenüber den Muslimen zu öffnen. Deswegen hat er das Projekt „Al-Ard“ – die Erde gegründet. Es ist ein Landwirtschaftsprojekt am Rande von Homs zwischen christlichen und muslimischen Dörfern. Dort kümmerte man sich besonders um geistig-behinderte Personen. Aber dort konnten die Menschen auch gemeinsam beten. Pater Frans wollte nicht weggehen, sondern trotz der schwierigen Lage bei den Menschen in Homs bleiben – ihnen beistehen. Wenige Tage vor dem Ende der Belagerung wurde er noch ermordet. An sein Grab kommen Christen und Muslime, um an ihn zu denken und zu beten. Rita Bariche 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2016 n DER BARMHERZIGE SAMARITER

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