Jesuiten 2017-2

Der „Heilige“ Josef – mein Namenspatron Zum vergangenen Weihnachtsfest habe ich ein Bild von Gentile da Fabriano (15. Jh.) aus den Uffizien in Florenz verschickt. Im Zentrum kniet Maria und betet zusammen mit Ochs und Esel – beide ebenfalls kniend – das göttliche Kind an. Am Rand des Bildes schläft Josef – zusammengekauert an ein entlaubtes Bäumchen gelehnt – den Schlaf des Gerechten. Denn von den wenigen biografischen Daten, die wir kennen, ist eines verbürgt: Josef, der Mann Marias, war gerecht; ergänzt wird: er dachte nach, und er hatte Träume. (Mt 1,19f) Mit diesem schlafenden Josef kann ich mich bestens identifizieren und freue mich, dass mir meine Eltern diesen Namen gegeben haben. Heutzutage ist der Name ja sehr rar geworden. Zu meiner Zeit hatten die Josefs nicht nur einen, sondern mindestens drei Namen: So hieß ich zunächst „de Seppl“, dann „Joe“, schließlich „Josef“. Nicht „des Seppele“; so sagt man zu Kleinkindern. „Seppl“ aber ist schon eine Persönlichkeitsbeschreibung: positiv besetzt, ein verlässlicher Kumpel bis Freund, gesellig, für mich – so sehr ich manchmal damit gehänselt wurde – ein Wohlfühlname. Zum „Joe“ wurde ich in den Jahren des Spätberufenenseminars. Wir mussten uns zwar, sprachlich unbeleckt wie wir waren, zunächst mit Latein und Griechisch herumschlagen, für moderne Fremdsprachen war kaum Zeit, aber der englische Name Joe verlieh doch etwas Weltläufiges. Und ich fühlte mich wohl und anerkannt. „Der Joe“ hatte ein bisschen etwas von einer Seminarinstitution. Diese Karriere setze sich dann nicht, wie ursprünglich gedacht, im Priesterseminar fort. Vielmehr wählte ich den Orden und wurde bis heute zum „Josef“ mit all den unterschiedlichen Konnotationen, die eben meine Mitbrüder mit meinem Namen und mir verbinden. Ich mag meinen Namen sehr; er ist identitätsstiftend, würde man heute sagen. Vielleicht, weil ich alles, was von Matthäus und Lukas über Josef berichtet ist, auch gerne wäre und hätte: seine Nachdenklichkeit, seine Ruhe und Sachlichkeit, sein Vermögen, die Liebe – wie Ignatius sagt – mehr in die Werke als in die Worte zu legen, sein Mut zu klaren Entscheidungen, die nicht nur von Vernunftüberlegungen getragen sind, sondern vom Glauben an die Verheißung Gottes und von der Liebe zu Maria. Josef kann mit ungelösten letzten Fragen leben und doch die tagtäglichen Probleme bewältigen. Bis jetzt habe ich mit dem Hl. Josef ganz gut gelebt und ich bin überzeugt, dass ich mit ihm auch gut sterben kann – um zum Thema zu kommen. Ein Beweggrund für mich im Hinblick auf das, was nach dem Tod kommt ist die Neugier. Ich bin neugierig und werde Gott – oder sagen wir 20 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2017 n JOSEF

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==