Jesuiten 2017-3

Pontificium Collegium Germanicum et Hungaricum in Rom Wer heute Priester werden will, wird dafür wenig Beifall ernten. Berechtigt oder unberechtigt, wird damit assoziiert: frömmlerisch, weltfern, klerikal, frauenfeindlich, ja potentiell pädophil. Priester und solche, die es werden wollen, müssen sich demütig und selbstkritisch an diesen (Vor-)Urteilen abarbeiten. Dann aber erwacht, zumindest bei mir, eine neue Freude am „Geschenk der Berufung zum Priestertum“ (Titel der neuen Rahmenordnung für die Priesterausbildung). „Als Sünder (dennoch) berufen zu sein“ – diese Einsicht aus jungen Jahren schreibt Jorge Mario Bergoglio mit großen Buchstaben über sein Pontifikat. Ignatius lässt grüßen! Von seiner Gründungsidee her liegt das 1552 vom Papst ins Leben gerufene, 1580 mit dem etwas jüngeren „Hungaricum“ vereinte „Germanicum“ ganz auf der Linie des heutigen Papstes. Die Kirche in den Ländern der Reformation, von Skandinavien über die deutschsprachigen Länder bis nach Ungarn, hatte viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt, lag infolge von religiösen und politischen Wirren am Boden. Um ihr wieder auf die Beine zu helfen, sollten im neuen Kolleg „preti riformati“, reformierte Diözesanpriester, ausgebildet werden. Seit 2015 Rektor des Germanikums, trage ich zusammen mit vier weiteren Jesuiten die Verantwortung für dieses päpstliche Kolleg deutscher Sprache: Spiritual Walter Heck SJ, Studienpräfekt Helmut Engel SJ und der Bibliothekar und Leiter eines bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Archivs, Markus Pillat SJ. Der für alle praktischen und finanziellen Belange zuständige Minister und Ökonom hat gerade gewechselt: ein polnischer Mitbruder, Norbert Frejek SJ, hat seinen österreichischen Vorgänger Andreas Schermann SJ abgelöst. Mit zwei jungen Priestern im Aufbaustudium, die jedes Jahr von den Studenten zu „Präfekten“ gewählt werden, treffe ich mich wöchentlich als Hausleitung, um Hausprogramm und wichtige Personalien zu besprechen. Das Kolleg ergänzt die akademische Ausbildung an der Universität Gregoriana mit eigenen Akzenten. Der Spiritual begleitet den geistlichen Weg der Studenten, gibt Impulse („Puncta“), führt ein in die Spiritualität „unseres Vaters Ignatius“ – auch von den Germanikern so genannt! –, gibt Exerzitien, auch „im Alltag“, etc. In „Spiritualitätsgruppen“ üben Studenten einen geistlichen Austausch unter Mitbrüdern ein. Der Studienpräfekt steht für die Studienplanung, organisiert Kurse wie Sprecherziehung, Ausbildung zum Predigen und Beichte-Hören, Einführung in die liturgischen Aufgaben von Diakon und Priester. Hinzu kommt eine Beschäftigung damit, wie zölibatäres Leben gelingen kann, einsam oder in Gemeinschaft. 30 VORGESTELLT JESUITEN n SEPTEMBER 2017 n POLARISIERT

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