Jesuiten 2018-2

Katholisch-Sein ohne Anleitung Dem Kaiser geben, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes: leichter gesagt als getan. „Nach vielen Jahren bin überzeugt, dass es im Prinzip unmöglich ist Katholik und Japaner zu sein – das geht einfach nicht“, schreibt der Schriftsteller Shusako Endo. Auch schwedischer Katholik zu sein, ist nicht ganz einfach. Das Katholische hat nie Wurzeln in Schweden geschlagen; es gibt kein „kulturelles Auffangbecken“. Mit gut 20 wurde ich getauft. Aber für eine katholische Identität in Schweden gibt es keine Anleitung. Man muss improvisieren, wird ständig und von allen in Frage gestellt wird. Schlimmer ist nur die Gleichgültigkeit. Schweden ist tief säkularisiert und die Gretchen-Frage ist – ohne zu übertreiben – mehr als alles andere peinlich. Die christliche Position ist im Grunde genommen ein ungültiger Standpunkt und wird am besten totgeschwiegen. Auch wenn die schwedische Identität vielschichtig und multikulturell ist, lässt sie sich doch stichwortartig zusammenfassen: Neutral, pragmatisch, konfliktscheu, leise, skeptisch und zurückhaltend. Außerdem ist sie religionsfeindlich. Viele Schweden sehen sich als neutral, objektiv und im Großen und Ganzen ziemlich tolerant. Mit anderen Worten: Sie wissen gar nicht, wie religionsfeindlich sie sind: Religion ist für viel Elend verantwortlich, Aberglaube, Realitätsflucht (in etwas, das es noch nicht mal gibt), unnötig und unproduktive Schwärmerei. Der Schwede ist leise und vorsichtig – die katholische Kirche selbstsicher und bombastisch (nicht immer pastoral, aber zumindest liturgisch). Der Schwede ist neutral – die Kirche dogmatisch. Der Schwede ist hellhörig – die Kirche schwerhörig. Der Schwede ist zurückhaltend – die Kirche überzeugt. Die beiden sind wie Öl und Wasser. Entweder man trennt sein Leben auf in eine katholische und eine schwedische Sphäre – dann lebt man in zwei Parallelwelten. Oder man geht auf Konfrontationskurs – selektiv oder komplett. Jesus selbst hat sich und seine kleine Gruppe im Gegensatz zur vorherrschenden Gesellschaft aufgebaut. Ein Gedanke, der mir Freude und Trost schenkt. Es ist anstrengend, Schwede und Katholik zu sein, aber was ist die Alternative? Es gibt keine. Letztlich lebe ich ein tolles Leben und fühle mich wohl mit meinem christlichen Glauben. Karl Eidem (Übersetzung: Dag Heinrichowski SJ) 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Schlimmer ist nur die Gleichgültigkeit.

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