Jesuiten 2018-2

Identität 2018/2 ISSN 1613-3889 Jesuiten

Titelbild und alle Gemälde bis Seite 23 © Mirko Schallenberg, Raummaß, 2015, Öl auf Leinwand Was ist Identität? Da gibt es eine einfache Antwort: Naja das, was man eben ist. Und es gibt eine komplexere, vielleicht auch wahrhaftigere Antwort: Etwas, was sich ständig verändert, was Spannungen aufbaut und abbaut, was Gegensätze versammelt. Eine solche Komplexität bringen die Werke von Mirko Schallenberg zum Ausdruck. Das steht Alltägliches neben Exotischem, Fragiles vereint sich mit Stabilem – irgendwie immer mit dem Wunsch, dass es hält, dass es trägt. Aber auch mit der untrügerischen Gewissheit: Nichts bleibt, wie es ist. Mirko Schallenberg lebt und arbeitet in Berlin. Seine Werke sind in zahlreichen Ausstellungen und unter anderem über die Galerie Cyprian Brenner zugänglich (www.galerie-cyprian- brenner.de). Ausgabe Juni/2018 Jesuiten 1 Editorial Schwerpunkt 2 Identitätsbildung im Jesuitenorden 4 Die Ich-AG in einem Team sucht Liebe und Anerkennung 5 Fußball und kollektive Identität 6 Identität durch Abgrenzung 8 Prägen und prägen lassen 11 Die Lehrkraft macht den Unterschied 12 Wofür sind wir da? 14 Gemeinsam sind wir Kirche der Zukunft? 17 Katholisch-Sein ohne Anleitung 18 Christlicher Humanismus 4.0 20 Ignatianisches Schul-Profil Geistlicher Impuls 22 Identitäts-Suche nach dem verborgenen Ich Nachrichten 24 Neues aus dem Jesuitenorden Personalien 28 Jubilare Verstorbene Medien / DVD 29 Bordt: Die Kunst, die Eltern zu enttäuschen. Vorgestellt 30 Die Sinus Studie „Sharing the vision“ 33 Die besondere Bitte 34 Autoren dieser Ausgabe 37 Standorte der Jesuiten in Deutschland

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, Wie christlich ist Deutschland? Man merkt: Das Land ringt um seine Identität. Was gibt uns Identität? Dieser Frage gehen wir in dieser Ausgabe nach. Gibt es so etwas, wie eine kollektive Identität, z.B. im Fußball? Was bleibt von einer so prägenden Zeit wie in einem Jugendverband? Gibt es so etwas wie eine religiöse Identität. Wie verträgt sie sich mit der „gesellschaftlichen“ Identität in einem sehr säkularen Land wie Schweden? Braucht Europa die Abgrenzung, um seine Identität zu bewahren? Ignatius fand sich neu durch die Begegnung mit Christus in den geistlichen Übungen. Seinen geistlichen Weg hat der Orden in die Etappen einer langen Ausbildung übersetzt. Drei Jesuiten unterschiedlicher Generationen gehen der Frage nach, was ihnen auf diesem Weg ans Herz gewachsen ist und worin sie jeweils das Ziel sehen. Dieser geistliche Weg ist eigentlich ein Bildungsweg. Nicht umsonst hat der Orden sehr früh Bildung als ein Kerngebiet seiner Aufgaben entdeckt. Wir gehen den Fragen nach, was wir unter Persönlichkeitsbildung verstehen, welche Rolle dabei Lehrer spielen und warum Persönlichkeitsbildung im digitalen Kulturwandel noch wichtiger werden wird. Wir berichten von neuen Impulsen für die religiöse Bildung an unseren Schulen. Das Ringen um die Schließung katholischer Schulen in Hamburg schließlich macht deutlich, wie wichtig der Kirchort Schule schon heute für die Identität vieler Christen ist. Liebe Leserinnen und Leser, ich, Tobias Zimmermann, nutze dieses erste Heft, das ich inhaltlich verantworte, als Gele- genheit, mich als neuer Chefredakteur vorzustellen. Manche von Ihnen kennen mich noch von früher. Ich bin Rektor am Canisius-Kolleg und arbeite als Delegat für die Weiterentwicklung der ignatianischen Pädagogik und die Vernetzung der Schulen im deutschsprachigen Raum. „Jesuiten“ ist das Ergebnis von Teamwork. Der Chefredakteur hat eine begleitende Rolle, verantwortet das Heft Ihnen als Leserinnen und Lesern gegenüber sowie gegenüber dem Provinzial. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in einem starken Team von Redakteuren, unserer Chefin vom Dienst, Pia Dyckmans, sowie unserer Grafikerin Martina Weininger und Stefan Weigand von der Bildredaktion. Wir danken insbesondere dem Künstler Mirko Schallenberg, der uns seine Bilder als Impulse zum Thema Identität zur Verfügung gestellt hat. Bleiben Sie mit uns, bleiben Sie den „Jesuiten“ verbunden. Tobias Zimmer- mann SJ Matthias Rugel SJ Dag Heinrichowski SJ Björn Mrosko SJ 1 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

Identitätsbildung im Jesuitenorden Wenn es nicht gerade wie aus Eimern schüttet, laufe ich vor dem Schlafengehen noch zur Siegessäule. Auf dem Weg lasse ich den Tag im Examen Revue passieren. Auch wenn ich mal nicht rauskomme – den Tagesrückblick lasse ich nicht aus. Er gehört für mich dazu und hilft mir beim Wachsen, indem ich danke für das, was mir Freude gemacht hat, wo ich echt war und indem ich für den nächsten Tag noch ein paar Stellschrauben nachziehen kann, wenn etwas schiefgelaufen ist und ich nicht so verfügbar war für das, was mir begegnet ist. Das Examen setzt die einzelnen Mosaiksteine eines Tages im rechten Licht zusammen. Das Bild des Mosaiks passt auch für das Hineinwachsen in den Jesuitenorden. Jesuit-Sein besteht aus verschiedenen Mosaiksteinen: Die verschiedenen Aufgaben im Orden, die Exerzitien, die Verfügbarkeit und ein liebevoller Blick auf die Wirklichkeit. Entscheidende Mosaiksteine sind aber auch die unterschiedlichen Mitbrüder und der Austausch mit ihnen. Auch jeder Tag meines Lebens wird zu einem Mosaiksteinchen. Anders als das Mosaik eines Tages, ist das Ordensmosaik nie ganz abgeschlossen: Ich darf meinen Platz im Mosaik finden. Der Platz, an dem ich der sein kann, der ich wirklich bin, wo ich echt sein kann mit meinen Ecken und Kanten. Der Platz, an dem ich merke, dass mein Herz nicht eng und hart, sondern weit und zart wird. Jesuit-Sein heißt für mich vor allem, bereit zu sein, mein Herz formen zu lassen und mich immer wieder neu von Gott im Alltag überraschen zu lassen. Dazu hilft – wie im Examen – ein offener Blick auf das, was ist. Und ganz simple Dinge wie eine abendliche Runde durch die Straßen Berlins. Dag Heinrichowski SJ, Jugendarbeit am CanisiusKolleg in Berlin 2 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Das Examen setzt die einzelnen Mosaiksteine eines Tages im rechten Licht zusammen.

Seit 2017 bin ich verantwortlich für die Mitbrüder in Ausbildung. Im Gespräch mit ihnen frage ich oft, wie es ihnen auf dem jährlichen Treffen der Jesuiten ergangen ist. Dieses „Familientreffen“ mit den entsprechenden Dynamiken zeugt viel von Ordensidentität. Bei mir hat es viele Jahre gebraucht, bis ich mich dort wirklich wohl gefühlt habe. Sich auf Mitbrüder freuen – von Mitbrüdern wissen, die sich auf mich freuen – Interesse aneinander haben – Wertschätzung erfahren – ohne Scheu von sich selber erzählen können. Was mir in meiner Ordensidentität geholfen hat: Der Austauschkreis mit drei Mitbrüdern, mit denen ich mich seit 12 Jahren dreimal im Jahr treffe. Dort erzählen wir uns von unserem Leben. Die gemeinsamen Erfahrungen wie die Weltjugendtage 2005 und 2008. Wichtig waren auch gemeinsame Urlaube mit Mitbrüdern, die ich (leider) erst nach einigen Jahren im Orden „entdeckt“ habe. Und schließlich die pastorale Arbeit an verschiedenen Orten Deutschlands. Das gemeinsame Tun hilft! Eine schöne Antwort auf eine Bitte ist: „Ja, natürlich, gerne!“ Darum geht es auch in der Ordensausbildung: JA sagen zu einer bestimmten Lebensweise, wohl wissend um die Realitäten. NATÜRLICH meint, diese Lebensweise als etwas Selbstverständliches sehen zu können, das nicht ständig in Frage gestellt werden muss. GERNE bedeutet, mit dem Gelernten großzügig umzugehen und sich so für das Reich Gottes einzusetzen. Beim Ordenseintritt 1970 war ich 19 Jahre alt, hatte ein gutes Abiturzeugnis, verstand aber nicht viel vom Leben. Denn ich hatte neun Jahre lang in einem strengen Internat tief in der Eifel gelebt. Der Eintritt wirkte wie ein Wachstumsbeschleuniger – durch die doppelte spannungsgeladene Aufforderung: Geh nach innen und geh nach außen! Nach innen wurde ich durch regelmäßiges Beten geführt, vor allem durch die Exerzitien. Diese halfen mir in 30 Tagen, den lebendigen Christus für mich zu entdecken. Ohne diese Verankerung könnte ich selbst nicht verstehen, wer ich bin und was ich will. In meinen 48 Ordensjahren wandelte sich diese innere Beziehung immer wieder, besonders auch durch die Lehranalyse im Rahmen meines Psychologiestudiums. Der innere Weg bleibt unabgeschlossen, da Christus einlädt, ihn „mit ganzer Seele, mit ganzem Herzen und mit allen Kräften“ zu suchen. Und geh nach außen! Ich war gefordert, mich immer wieder auf neue Situationen, Menschen und Aufgaben einzulassen. Allein im Noviziat gab es fünf verschiedene Praktika. In 48 Jahren bin ich 15-mal umgezogen. Jede Etappe führte in eine neue Welt und zeigte mir neu, wer ich bin, was ich kann und was nicht. Über die Begegnung mit den Armen fand ich einen Zugang zur eigenen Hilflosigkeit. Meine Jugendgruppenleiterinnen lehrten mich, als zölibatärer Priester fair mit Frauen umzugehen. Dieser Weg sagt mir: Du darfst ein Lernender bleiben. Lass Dich offen auf neue Situationen und Hausgemeinschaf- ten ein. Und suche danach, in allem Gott zu finden. Franz Meures SJ, Mannheim, Fortbildung für Ordensleute Christoph Soyer SJ, München, Ausbildungsdelegat der Deutschen Provinz der Jesuiten 3 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

Die Ich-AG in einem Team sucht Liebe und Anerkennung Seit über 20 Jahren bin ich Fußballtrainer, noch besser – ein sogenannter FußballLehrer. Ich habe viele Junioren- und Profiteams gecoacht und mir oft die Frage gestellt, ob diese ‚prominenteste‘ Sportart der Welt eigentlich eine Mannschafts- oder eine Individualsportart ist. In der Sportwissenschaft ist die Antwort klar: ein Teamsport. Doch habe ich im Laufe der Jahre Spieler beobachtet, die sehr stark ihre eigenen Interessen verfolgen, anstatt sich im Team unterzuordnen. Sicherlich auch eine gesellschaftliche Frage, da man heute im Leben und Sport eben kämpfen, die Ellenbogen gebrauchen muss – vielleicht sogar seine Mitspieler gar nicht sehen darf! Fußball ist auch eine Ich-AG-Fabrik geworden. Doch Fußball spielen Menschen gerade, weil sie das Team brauchen – sie bekommen Anerkennung, Lob, ein Lächeln und eine Umarmung, wenn sie ihren Job / ihr Hobby positiv gestalten. Und sie geben Liebe zurück. Der Fußballspieler ist einerseits auf sich fokussiert und zugleich fremdgesteuert durch Fans, Mitspieler, Gegenspieler, Schiedsrichter, Trainerteam und Bankkonto. Am Ende des Tages wollen Fußballspieler Bestätigung und Liebe. Daher spielt das positive Coaching durch Trainer und Mitspieler eine wichtige Rolle. Eine gute Gemeinschaft trägt viele Spieler – in dieser harten Macho-Welt des Fußball wird umarmt, getätschelt, gestreichelt, geküsst und zärtlich an den Kopf gefasst. Auch aus diesem Grund spielen wir Fußball – unabhängig von Prestige, Geld und Karrieregelüsten. Wie weit darf man im Fußball auch ein EgoShooter sein? Identität im Fußball baut auf Hingabe und Respekt auf (Mannschaft und Individuum). Wenn sie nicht beides erfahren (etwa bei Niederlagen), fliehen viele Fußball-Leute in die Einsamkeit. Im schlimmsten Fall können Spieler an Nicht-Liebe und Nicht-Gemeinschaft zerbrechen, besonders, wenn sie den Begriff RESPEKT überstrapazieren. Identitätssuche zwischen Individualität und Mannschaft. An einem plastischen Beispiel ist Fußball zu entlarven – bei einem Tor rennt der jeweilige Torschütze weg, jubelt dann mit einem unsichtbaren Herz, streckt seine Hände zu Gott aus oder zeigt auf seinen Namen – er zeigt auf sein egoistisches ICH. Die Mannschaft rennt dann zumeist zu ihm, holt ihn wieder zum Team zurück und zeigt ihm damit – gib uns LIEBE und wir geben dir LIEBE! Fußball ein Biotop für Identitätssuche und Identitätsfindung … oder einfach nur schön! Peter Hyballa SCHWERPUNKT 4 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

5 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Fußball und kollektive Identität Sonntag, 14. Juli 2014, 23:23 Uhr: Mario Götze nimmt die Flanke von André Schürrle mit der Brust an und überwindet mit einem unnachahmlichen Seitfallzieher den argentinischen Schlussmann Romero. Ganz Deutschland explodiert, liegt sich in den Armen, ist in Ekstase. Götze hat uns zum Sieg geschossen! Wir sind Weltmeister! Wir haben es tatsächlich zum vierten Mal geschafft! Wer weiß nicht, wo und mit wem er diesen Moment verbracht hat? Doch worin liegt diese kollektive Identität, dieses „Wir-Gefühl“ begründet, welches uns unter Fußballfans begegnet? Der Fußball bietet den Fans ein niederschwelliges Angebot dessen, was in der Gesellschaft gesucht, aber oftmals nicht gefunden wird: die Möglichkeit der totalen Identifikation mit einer Sache, die Gelegenheit, seinen Emotionen – positiv wie negativ – gemeinsam in der Fankurve oder vor dem Fernseher freien Lauf zu lassen, eine Gemeinschaft, die auch den Fußball hinaus verbindet, für die der Fan sich nicht rechtfertigen muss. Der allsamstägliche Gang zum Stadion oder in die Fußballkneipe strukturieren die Woche und können dem Leben Orientierung bieten. Gefahren lauern dort, wo die kollektive Identität des Fan-Seins zum Fanatismus wird, sei es durch ein übersteigertes „Wir-Gefühl“ oder eine falsch verstandene Verbrüderung. Wenn jemandem, der außerhalb meiner Identitätsgruppe steht, feindselig und gewalttätig begegnet wird, wenn jemand sein Leben ausschließlich dem Fußball widmet und darüber seine Mitmenschen aus dem Blick verliert. Dennoch: Der Fußball ist ein wertvol- les gesellschaftliches Gut, da er eine Möglichkeit zu einer positiven Identifikation bietet, die Grenzen überwindet und Gemeinschaft stiftet. Vincent Jünger

6 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Identität durch Abgrenzung – Europa und die Flüchtlingskrise Vieles ist seit dem Fall der Mauer anders gekommen, als die Menschen damals erwartet hatten; statt einer friedlicheren Welt, kam schon bald der Krieg im früheren Jugoslawien. Wie konnten so viele Grausamkeiten entlang nationaler, religiöser und ethnischer Linien geschehen? Ein Land zerbrach in Einzelstaaten, in ein katholisches Kroatien, ein orthodoxes Serbien, ein muslimisches Bosnien. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat die Welt viele Konflikte durchlitten, die meisten davon Bürgerkriege zwischen ethnischen, kulturellen und religiösen Gruppen der Bevölkerung. Identität ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis. Jeder Mensch hat einen Namen und definiert sich zu einem guten Teil von seiner Herkunft – sei es die Familie, ethnische Zugehörigkeit, Nationalität, Kultur oder Wertesystem. Die Religion ist sehr entscheidend für die Identität der Mehrheit der Weltbevölkerung. Menschen verstehen sich als Muslime, Christen, Buddhisten, Hindus, Atheisten… Menschen kämpfen, wenn ihre Identität bedroht ist. Unsicherheit und Angst um die eigene Identität Da uns unsere Identität wie eine zweite Natur Sicherheit und Zugehörigkeit, eine Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft gibt, liegt der Wunsch nahe, diese Identität für immer fixieren zu wollen. Einzelne, Gruppen und Organismen definieren ihre Identität immer auch in Abgrenzung. Diese gehören dazu, jene nicht. Das ist nachvollziehbar. Die Versuchung liegt darin, die eigene Identität höherzustellen als die der Anderen. Die Versuchung aller Menschen ist immer, die eigene Identität zu verabsolutieren, darauf stolz zu sein und sich gegenüber anderen Menschen arrogant zu verhalten. Sich höher zu fühlen als die anderen, ist die tiefe Versuchung der Ehrsucht und des Stolzes, die Ursache von Rassismus, Nationalismus und Fundamentalismus. An den Fremden, Migranten und Flüchtlingen macht sich diese Angst um die eigene Identität fest und projiziert alle Unsicherheit auf diese Minderheiten. Eine Identität der Liebe Als Christen haben wir eine klare Identität, aber diese definiert sich nicht über die Abgrenzung und den Hass gegen andere, sondern – ganz im Gegenteil – durch Offenheit und Liebe. In der Taufe am Jordan, die den Versuchungen in der Wüste vorausgeht, erfährt Jesus seine Identität als „geliebter Sohn“ Gottes. Es ist eine von Gott geschenkte Identität, nicht eine selbstgegebene. Es ist eine Identität der Liebe. Wer sich geliebt weiß, kann auch andere lieben. Dies steht radikal im Gegensatz zu extremistischen Gruppen,

JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT 7 die ihre Identität der Angst und des Hasses pflegen. Sich als geliebte Tochter, als geliebten Sohn zu erfahren, gibt Sicherheit und Offenheit im Blick auf die anderen, um in ihnen zu erkennen, dass auch sie Söhne und Töchter Gottes sind. Es gilt in diesen Tagen, sich als Christen von denen abzugrenzen, die aus falschem Stolz und Unsicherheit die Diffamierung von Flüchtlingen und Fremden propagieren. An diesem Scheideweg Europas, an dem so viele Menschen von Angst um ihre Identität, von Fundamentalismus und Nationalismus versucht sind, ist es wichtig für die Christen, der Versuchung und den politischen Versuchern zu widerstehen, ihnen furchtlos entgegenzutreten und Diener aller zu sein, d. h. eine in der Liebe und im Dienst starke und offene christliche Identität zu leben. Unsere christliche Identität – die Identität Europas – ist nicht durch die Flüchtlinge und Muslime bedroht, sondern nur dann, wenn wir diese christliche Identität der Liebe nicht in der Praxis den Flüchtlingen gegenüber leben. Peter Balleis SJ

Prägen und prägen lassen – Persönlichkeitsbildung in der Jugendarbeit Dem Prinzip „Jugend leitet Jugend“ folgend, übernehmen in der Ignatianischen Schülergemeinschaft (ISG) am Canisius-Kolleg in Berlin ältere Schüler als Gruppenleiter Verantwortung für jüngere Schüler (Grüpplinge). Die Gruppenleiter wiederum werden von ihren ehemaligen Gruppenleitern (LRB = Leiterrundenbegleiter) gecoacht. Verantwortung, die prägt. Meine Zeit in der ISG lässt sich in drei Phasen unterteilen: „Teilnehmer“, „Gestalter“ und „Berater“. Rückblickend gehört zu jeder dieser drei Phasen eine wichtige und zentrale Erkenntnis. In dem Wort „Teilnehmer“ steckt schon die erste und vielleicht fundamentalste Lehre, nämlich „Teil“ einer Gruppe von Menschen zu sein. Durch die Erfahrungen der Gruppenstunden und Sommerlager habe ich verstanden, dass ich mich als Individuum stets in einem sozialen Gefüge befinde, und gelernt, wie ich damit umgehen kann. In meiner Rolle als „Gestalter“ habe ich lernen können, dass Gestaltung am fruchtbarsten ist, wenn das Team sich so koordiniert, dass jeder seine Stärken und Fähigkeiten bestmöglich einbringen kann. Dazu gehört auch, sich über seine eigenen Schwächen klar zu werden und zu lernen, dass das, was ich nicht leisten kann, von jemandem, dem ich vertraue und der mich schätzt, übernommen wird. Die letzte und vielleicht für mich wichtigste Erkenntnis aus meiner Zeit als „Berater“, war, dass wir all dieses Wissen nur dadurch erlangen können, wenn wir stets bereit sind, über unser eigenes Handeln nachzudenken und das Reflektierte miteinander auszu- tauschen. Für das und vieles mehr, bin ich sehr dankbar! Oskar Koller (24) studiert Philosophie in Berlin und arbeitet als Freelancer in der Film- und Werbebranche. Grüppling von 20022007, Gruppenleiter von 2007-2012, LRB von 2012-2017. 8 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

Wenn ich, wie so häufig, für ein Wochenende aus Kiel nach Berlin fahre, werde ich von meinen Freunden oft gefragt, weshalb ich denn schon wieder die freie Zeit außerhalb von Kiel verbringe und bekomme schräge Blicke zugeworfen, wenn ich schlicht „Jugendarbeit“ antworte. Nach schleppend anlaufenden Erklärungsversuchen komme ich dann in Fahrt und begreife erneut, was die ISG für mich bedeutet: Der Sinn für Gemeinschaft und das „sich selbst in die Verantwortung nehmen“ für das Wohl anderer. Etwas, von dem ich selber als Grüppling profitiert habe und was ich als Gruppenleiter und LRB wieder zurückgeben kann. Gleichzeitig sorge ich dafür, dass auch anderen die gleiche persönlichkeitsbildende Zeit er- möglicht wird. In der ISG habe ich gelernt, besser auf mich selbst zu hören und im Handeln der Menschen um mich herum zu versuchen, die eigentlichen Motivationen auszumachen. So konnte ich meine Charakterzüge gut reflektieren und mit dem Spiegel, den ich zunächst durch meine Grüpplinge und jetzt durch meine Leiterrunde vorgehalten bekomme, mit anderem Verständnis für mich, und vor allem für meine Mitmenschen, durch mein Leben gehen. Stelle ich die Jugendarbeit in der ISG bei den Jesuiten anderen Jugendverbänden und kirchlichen Jugendgruppen gegen- über, dann fallen zwei Dinge auf: es ist ein Ort, an dem ich beinahe zweckfrei auf andere Menschen treffe. Und dazu die offene und kritische Haltung der Jesuiten zu ihrer eigenen Kirche; eine Offenheit, welche mich jeden Tag weit über die ISG hinausbegleitet. Gemeinschaftsbildend ist wohl das aussagekräftigste und passendste Wort, welches die Jugendarbeit in der ISG beschreibt. Diese Gemeinschaftsbildung darf ich seit fünf Jahren selbst erfahren – nicht nur im Rahmen der wöchentlichen Gruppenstunden, sondern auch auf Events wie Übernachtungswochenenden und Sommerlager mit der ganzen Stufe. Besonders als neuer Sextaner hat mir dieser Ort Sicherheit und Vertrautheit in einem neuen Umfeld gegeben. Man findet Freunde in der eigenen Klasse und der ganzen Stufe. Spätestens seit mir das Vertrauen im Gruppenleiteramt geschenkt wurde, bin ich überzeugt, dass Gemeinschaftsbildung ein hohes Ziel der ISG ist. Seit Beginn meiner Zeit ist mir auch die Selbstreflexion mit auf dem Weg gegeben. Außerdem bringt die ISG uns Jugendlichen den christlichen Glauben im Rahmen von Spaß und Gemeinschaft näher – nie aufdringlich oder mit irgendeinem Druck. Die Jugendarbeit am Canisius Kolleg er- möglicht eine individuelle Persönlichkeits- bildung in der Entwicklung von jungen Menschen. Ludwig Bitzan (20), studiert Physik des Erdsystems in Kiel. Grüppling von 2007-2012, Gruppenleiter von 20122017, LRB seit 2017. Leo Tannen (16) ist Schüler am Canisius-Kolleg, Berlin. Grüppling von 2012-2017, Grup- penleiter seit 2017. 9 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

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Die Lehrkraft macht den Unterschied Mit der Frage, was guten Unterricht aus- macht, hat sich der australische Bildungs- forscher John Hattie von der Universität Melbourne intensiv beschäftigt. Er hat 15 Jahre lang Metaanalysen von gut 50.000 Studien ausgewertet und einen einzigartigen Datensatz zusammengestellt. Für seine „Meta-Meta-Studie“ mit dem Titel „Visible learning“ hat er ein eigenes Kriterien-Raster entwickelt, um analysieren zu können, was sich am besten auf den Unterricht auswirkt. Das Ergebnis seiner Analyse ist, dass sogenannte „personale Einflussfaktoren“ deutlich stärker wirken als „strukturelle Einflussfaktoren“. Konkret: Faktoren wie „finanzielle Ausstattung“, „Geschlechterdifferenzierung“ oder „Klassengröße“ haben weniger Einfluss als Faktoren, welche die Person der Lehrkraft direkt betreffen. Zwei Beispiele sollen dies im Folgenden verdeutlichen. Glaubwürdigkeit Hatties Studie zufolge ist die „Glaub- würdigkeit“ der Lehrperson einer der entscheidenden Faktoren. „Vertrauen“, „Kompetenz“, „Dynamik“ und „Unmit- telbarkeit“ wirken dabei auf die Glaub- würdigkeit ein. Hintergrund ist, dass Schülerinnen und Schüler sehr genau wissen, welche Lehrkräfte ihr eigenes Lernen positiv beeinflussen können. Oder wie Hattie es in einem Interview ausdrückt: „Wenn ein Lehrer nicht als glaubwürdig wahrgenommen wird, schalt- en die Schüler einfach ab“. Feedback Wenn es auf den Lehrer ankommt, bedeutet das aber auch, dass nicht jeder Unterricht gut ist und lernen begünstigt. Hattie zufolge reicht es nicht aus, dass Lehrer einfach dozieren und ihren Stoff durchbringen. Für ihn ist zentral, dass der Lehrer sehr sensibel darauf reagiert, was er bei seinen Schülerinnen und Schülern wahrnimmt. Lehrkräfte sollten zudem systematisch Rückmeldungen von den Schülerinnen und Schülern einfordern. „Nur, wenn sie Feedback bekommen, was noch nicht verstanden wurde, wo Fehler gemacht werden oder wenn etwas nicht interessiert, dann können sie reagieren und sinnvolle Impulse für Lernende setzen.“ Ignatianische Schulen, die Orte anspruchsvoller Bildung sind und an denen die Frage nach Gott wachgehalten wird, brauchen exzellente Lehrerinnen und Lehrer. Das Zentrum für ignatianische Pädagogik (ZIP) setzt hier an, und bietet für diese Lehrkräfte anspruchsvolle, interdisziplinäre Fachtagungen, bei denen immer auch besonderer Wert auf die Reflexion des eigenen Unterrichts gelegt wird. Kai Stenull SCHWERPUNKT 11 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Es reicht nicht aus, dass Lehrer einfach dozieren.

12 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT SCHWERPUNKT Wofür sind wir da? – Das Ignatianische Proprium der Schulen schärfen Wofür stehen Sie eigentlich? Erklären Sie uns Ignatianische Pädagogik in einem Satz! Mit diesen Fragen werden Fachkräfte an den ignatianischen Schulen konfrontiert. Folgende Antwort wäre möglich: „Ignatianische Pädagogik steht für exzellente Bildung in christlich-humanistischer Tradition, die junge Menschen zur Entfaltung der ganzen Person mit allen Talenten, zu kritischem Denken, verantwortlichem Handeln und zum Einsatz für Glauben und Gerechtig- keit befähigt.“ Eine ausführlichere Antwort könnte sein: „Ignatianische Persönlichkeitsbildung beginnt und vollendet sich in Freiheit. Wer den Mut hat, in einer freien Entscheidung die christliche Perspektive auf das Leben einzunehmen, sich auf Gott als Möglichkeit einzulassen, stellt sich auf einen festen Standpunkt, von dem sich ein Reflexions- und Handlungsraum erschließt. In diesem Raum werden die Vielfalt und Spannungen des Lebens nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung wahrgenommen. Im Lauf der Zeit wird – auch durch das Erleben von Gemeinschaft im ignatianischen Geist – eine selbstbewusste Haltung eingeübt, die Sinn, Kreativität und Inspiration ermöglicht. Das Ergebnis dieser in Jahrhunderten bewährten, weltweit verankerten Pädago- giktradition ist moderner denn je: eine exzellente, ganzheitliche Persönlichkeitsbildung, die souverän, urteilsfähig und lebenstauglich macht. Sie strebt zum Handeln in Verantwortung vor Gott und den Menschen. Denn das ICH und das WIR gehören zusammen – der beherzte Einsatz für die Gesellschaft wird zur Selbstverständlichkeit“. Pädagogen aus ignatianischen Schulen haben diese Definition ignatianischer Pädagogik in einem Profil- und Markenentwicklungsprozess gemeinsam erarbeitet. Leitwerte und Praxis auf den Punkt gebracht Behaupten kann man viel. Aber ist auch „drinnen“, was behauptet wird? In einem zweijährigen Prozess ließen sich neun ignatianische Schulen 2016 und 2017 auf einen qualitativen und quantitativen Evaluationsprozess ein, den das Heidelberger SINUS Institut im Auftrag des Zentrums für Ignatianische Pädagogik (ZIP) durchführte. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Berthold Bodo Flaig, Geschäftsführer des Der beherzte Einsatz für die Gesellschaft wird zur Selbstverständlichkeit.

JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT 13 Instituts schreibt: „Es gehört Mut dazu, sich auf eine externe Evaluation einzulassen, so wie es das ZIP jetzt mit der Studie „Sharing the Vision“ getan hat. Wir haben untersucht, was an den ignatianischen Schulen gut läuft und wo es Probleme gibt – und zwar aus der Sicht der „Betroffenen“ selbst, d.h. der Schüler, Lehrer und Eltern. Überrascht hat uns dabei nicht nur das außergewöhnlich positive Bild, das die Befragten von den Schulen gezeichnet haben, sondern auch die ambitionierte Umsetzung der Untersuchungsbefunde, die das ZIP derzeit betreibt: Die ignatianischen Schulen sollen noch besser werden – obwohl sie ja schon sehr gut sind, gerade im Vergleich mit dem staatlichen Schulsystem.“ Regelmäßige Evaluationen sollen weiterhin die Qualität sichern. Persönlichkeitsbildung für die digitale Zukunft Im Blick auf die Welt von Morgen setzen wir derzeit das Projekt „Digital Leadership Education“ um. Bildung und Erziehung spielen für jede Gesellschaft eine bedeutende Rolle, wenn es darum geht, die jüngere Generation auf die Zukunft vorzubereiten. In einer Gesellschaft, die stark durch Digitalisierungsprozesse in allen Lebensbereichen gekennzeichnet sind, bedeutet dies, dass Kinder und Jugendliche auf die Zukunft gut vorbereitet werden. Dazu reicht es jedoch nicht aus, sie mit den Besonderheiten digitaler Systeme sowie des digitalen Lernens vertraut zu machen, sondern sie müssen befähigt werden, eine aktive Rolle in gesellschaftlichen Diskussionen über die Rolle der Digitalisierung in unserem Leben zu spielen. Dies setzt aber voraus, dass sie Stellung in weltanschaulichen Fragen nehmen können, sie sich empathisch mit Gerechtigkeitsfragen auseinandersetzen, Verantwortung überneh- men und reflexiv zur Sozial- und Sachwelt sowie zu sich selbst verhalten können. Schule kann diese Aufgabe – die Verbindung von Persönlichkeitsbildung und Digitalisierungsprozesse in der Gesellschaft – an- nehmen und umsetzen. Das Projekt möchte in ausgewählten Schulen mit konkreten, auf diese Aufgaben bezogenen innovativen Prozessen angehen und Schule und Unterricht in einer digital geprägten Gesellschaft neugestalten. Ausrichtung und Haltung Die Grundorientierung ignatianischer Pädagogik ist das christliche Menschenbild. Nur wer selbst eine Orientierung hat, kann sie auch anderen Menschen weitergeben. Eben weil ignatianische Pädagogik selbst eine Grundorientierung hat, kann sie Haltungen vermitteln; und ist dafür geschützt, das „Fähnchen im Wind“ zu sein und kann sich den Herausforderungen von „Germany 4.0“ zu stellen. Ulrike Gentner Johann Spermann SJ Die Grundorientierung ignatianischer Pädagogik ist das christliche Menschenbild.

Gemeinsam sind wir Kirche der Zukunft? In der säkularen Hansestadt Hamburg existiert eine kleine, aber miteinander gut verbundene katholische Gemeinschaft. Nicht alle der etwa 185.000 Katholiken in der Stadt, deren Anteil an der Bevölkerung zehn Prozent beträgt und von denen ungefähr 30 Prozent fremdsprachig sind, wollen an ihr teilhaben, aber doch ziemlich viele. Treffen sich zwei oder drei, die in Hamburg groß geworden sind, ist eines fast sicher: Sie selbst oder wenigstens ihre Geschwister sind einmal zusammen auf eine der katholischen Schu- len gegangen. Die katholischen Schulen mit rund 10.000 Schülerinnen und Schülern und ihre Familien sind das Rückgrat der katholischen Community. Sie sind nicht nur ein Bindeglied für die Katholiken der Stadt, sondern ganz bewusst auch für Angehörige anderer Konfessionen und Religionen sowie nicht religiös Gebundene. Dadurch leisten sie einen großen integrativen Beitrag für das Miteinanderlernen und -leben von Schülern aus derzeit 85 Nationen. Die Schulen sind Kirche in allen Grund- vollzügen. Sie sind ein ‚melting pot‘, ein Schmelztiegel verschiedener (kirchlicher) Milieus ebenso wie zwischen Gläubigen und Säkularen. Dort wird Gemeinschaft gelebt, Glauben gefeiert und weiterge- geben. So wie Jugendverbände sind sie ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche mit Kirche in Kontakt kommen. Die Chancen dafür schwinden in einem zunehmend säkularen Umfeld – doch die Schulen waren bislang Garant, schon früh einen Kontakt zu schaffen, der oft ein Leben lang prägend und positiv bleibt. Im Januar hat nun der neue Erzbischof für Hamburg entschieden, dass er bis zu acht der 21 katholischen Schulen nicht mehr weiter betreiben will. Nach den vorgesehenen Schulschließungen könnten rund 3000 Schüler weniger eine katholische Schule besuchen als bisher. Dagegen regt sich Widerstand, der nicht abflauen mag; und aus dem Protest ist eine Idee gewachsen: Eigenverantwortung soll zum Ausgangspunkt einer Lösung werden. Wir, die Initiative Hamburger Schulgenossenschaft machen der Kirche, die das Feld Schule nicht mehr im gleichen Maß bearbeiten möchte, ein Angebot: Wir gründen eine große Schulgenossenschaft, nehmen dem Erzbistum Hamburg die katholischen Schulen, die es für eine Last hält, ab und entwickeln diese weiter. Wir setzen dabei auf die Unterstützung der Schulgemeinschaft und der Stadt Hamburg. Viele Menschen haben dieser 14 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Die katholischen Schulen sind das Rückgrat der katholischen Community.

Genossenschaft sehr schnell ihre Unter- stützung zugesagt und schon eine bedeutende Summe als Startkapital zur Verfügung gestellt. Das wollen wir: Gemeinsam mit 10.000 Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, Eltern und anderen Menschen die katholischen Schulen in eigene Hände nehmen. Wir sind bereit und in der Lage, die Verantwortung zu tragen. Wenn uns die Kirchenverwaltung helfen will, ist das willkommen. Wenn sie das gerade nicht schafft, bekommen wir es auch alleine hin. Es braucht eine Lösung, die zu Hamburg und ihrem Stil passt. Solide gerechnet und mit ein bisschen Wagemut. Und dann wird ein bedeutender Teil der Kirche in Hamburg demokratisch, offen, transparent und vollständig partizipativ sein. Als Teil der katholischen Tradition in der einen Kirche. In der Tradition der Bruderschaften und der katholischen Verbände ein Zeugnis in einer säkularen Gesellschaft. Von innen heraus dialogfähig und demokratisch, mit gleichen Rechten, auch gleichem Stimmrecht aller, unabhängig von Alter und Geschlecht. Uns geht es darum, Eigenverantwortung in den Blickpunkt zu rücken. Man könnte sagen: So geht Kirche auch. Hamburger Schulgenossenschaft: Martin Helfrich, Christian Bernzen, Christoph Schoenfeld, Ida Schütt, Reiner Schmitz, Nikolas Hill, Ludwig Hecke und Claudia Leimkühler 15 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

Katholisch-Sein ohne Anleitung Dem Kaiser geben, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes: leichter gesagt als getan. „Nach vielen Jahren bin überzeugt, dass es im Prinzip unmöglich ist Katholik und Japaner zu sein – das geht einfach nicht“, schreibt der Schriftsteller Shusako Endo. Auch schwedischer Katholik zu sein, ist nicht ganz einfach. Das Katholische hat nie Wurzeln in Schweden geschlagen; es gibt kein „kulturelles Auffangbecken“. Mit gut 20 wurde ich getauft. Aber für eine katholische Identität in Schweden gibt es keine Anleitung. Man muss improvisieren, wird ständig und von allen in Frage gestellt wird. Schlimmer ist nur die Gleichgültigkeit. Schweden ist tief säkularisiert und die Gretchen-Frage ist – ohne zu übertreiben – mehr als alles andere peinlich. Die christliche Position ist im Grunde genommen ein ungültiger Standpunkt und wird am besten totgeschwiegen. Auch wenn die schwedische Identität vielschichtig und multikulturell ist, lässt sie sich doch stichwortartig zusammenfassen: Neutral, pragmatisch, konfliktscheu, leise, skeptisch und zurückhaltend. Außerdem ist sie religionsfeindlich. Viele Schweden sehen sich als neutral, objektiv und im Großen und Ganzen ziemlich tolerant. Mit anderen Worten: Sie wissen gar nicht, wie religionsfeindlich sie sind: Religion ist für viel Elend verantwortlich, Aberglaube, Realitätsflucht (in etwas, das es noch nicht mal gibt), unnötig und unproduktive Schwärmerei. Der Schwede ist leise und vorsichtig – die katholische Kirche selbstsicher und bombastisch (nicht immer pastoral, aber zumindest liturgisch). Der Schwede ist neutral – die Kirche dogmatisch. Der Schwede ist hellhörig – die Kirche schwerhörig. Der Schwede ist zurückhaltend – die Kirche überzeugt. Die beiden sind wie Öl und Wasser. Entweder man trennt sein Leben auf in eine katholische und eine schwedische Sphäre – dann lebt man in zwei Parallelwelten. Oder man geht auf Konfrontationskurs – selektiv oder komplett. Jesus selbst hat sich und seine kleine Gruppe im Gegensatz zur vorherrschenden Gesellschaft aufgebaut. Ein Gedanke, der mir Freude und Trost schenkt. Es ist anstrengend, Schwede und Katholik zu sein, aber was ist die Alternative? Es gibt keine. Letztlich lebe ich ein tolles Leben und fühle mich wohl mit meinem christlichen Glauben. Karl Eidem (Übersetzung: Dag Heinrichowski SJ) 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Schlimmer ist nur die Gleichgültigkeit.

Christlicher Humanismus 4.0 Die Digitalisierung, heißt es deutlich vernehmbar, stellt uns vor grundlegende technologische und gesellschaftspolitische Herausforderungen. Das weit verbreitete Gefühl, einem tiefgreifenden Wandel beizuwohnen, dessen Erfassung bisher schemenhaft bleibt, läuft für Schulen auf die zentrale Frage hinaus: Was muss Bildung angesichts der Unsicherheiten des digitalen Wandels leisten, damit junge Menschen zu freien, selbstbestimmten und ur- teilsfähigen Personen heranwachsen können? Für ignatianische Schulen gilt zudem: Worin besteht im Bildungsprozess das „Plus“ des christlichen Humanismus? Aus der Fremdperspektive der Politik- und Kommunikationsberatung lässt sich feststellen: Ein großes „Plus“ liegt im tradierten Reservoir christlicher Sprache. Wer den Unwägbarkeiten der Digitalisierung begegnen will, findet in diesem Vokabular mannigfaltige Möglichkeiten der Artikulation menschlicher Spannungsfelder. Indem wir Digi- talisierungsphänomene, die unser Men- schsein im Kern betreffen, begrifflich sortieren, nehmen wir ihnen den Anschein einer unausweichlichen historischen Kraft und machen sie politisch handhabbar. Und zwar mit einer festen Haltung. Für den Diskurs über künstliche Intel- ligenz etwa liefert der christliche Humanismus einen semantischen Rahmen. Christen sind prädestiniert, Debatten über die Unterscheidung zwischen Mensch und Maschine zu prägen – anhand der Gottesebenbildlichkeit und der daraus abgeleiteten Würde des Menschen. In ihrer Doppelrolle als religiöser und grundgesetzlicher Ankerbegriff offenbart Würde das Potential christlicher Interventionen in politische Richtungsentscheide. Demut wiederum kann gegen technologische Hybris ins Feld geführt werden. Menschsein für andere als Mahnung, die Folgen des digitalen Wandels für Arbeit gerecht zu gestalten. Grundsätzlich können Bibelstellen die Kommunikation ignatianischer Positionen stützen, indem sie Gott mit Freiheit zusammendenken (vgl. 2. Korinther 3, 17). Christliche Sprache umfasst zudem Sym- bolsprache, wie sie sich in Ritualen manifestiert. Der Begriff der Demut findet sein Pendant in der Handlung des Niederkniens. Hierin zeigt sich ein Verständnis von Macht, das Selbstbegrenzung nicht als Schwäche, sondern Stärke auslegt. Das ist relevant, um eine 18 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Was muss Bildung angesichts der Unsicherheiten des digitalen Wandels leisten?

inklusive Gesellschaft zu bewahren, die technologische Chancen ergreift, aber vor den Allmachtsfantasien digital ermächtigter Gesellschaftskonstrukteure schützt. Jenseits christlicher Sprache verfügen ignatianische Schulen über wirkungsvolle Methoden, Urteilsvermögen zu fördern – die Kernfähigkeit schlechthin inmitten technologischer und gesellschaftlicher Umwälzungen. Dazu gehört der Klassenrat, eine Demokratieübung en miniature, die bei Kontroversen christliche Werte wie Fairness, Gesichtswahrung und Verzeihen hochhält. Durch Einigung auf gemeinschaftliche Interessen erler- nen Schüler hier performativ einen verantwortungsvollen Gebrauch von Macht. Eine weitere Methode ist die Diskussion der Lernerwartungen von Schülern. Der Austausch über individuelle Ansprüche und Potentiale vermittelt den Mut zu beherzten Entscheidungen über den eigenen Lebensweg. In solchen Praktiken offenbart sich das ignatianische Bildungsideal, Reflexion als Ressource der Lebenskunst zu entdecken – der Kunst, sein Leben zu führen und nicht bloß geschehen zu lassen. Auch im digitalen Wandel, der vierten industriellen Revolution, kurz Industrie 4.0, bleibt klassische Bildung als Anleitung zur freien Ausformung von Identität also unersetzlich. Rückbesinnung als Update: Das ist christlicher Humanismus 4.0. Johannes Bohnen & Lutz-Peter Hennies 19 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

Ignatianisches Schul-Profil – die mission neu buchstabieren Blickt man Jahrhunderte zurück, wird man festzustellen, dass von der ehemals dominierenden Stellung, welche die Kirchen im Schulwesen innehatten, heute nur noch bescheidene Reste übrigge- blieben sind. Neben dem Religions- unterricht und der Schulpastoral an öffentlichen Schulen gehören dazu die Schulen in konfessioneller Trägerschaft, einschließlich der ignatianisch geprägten Schulen. Diese wurden jüngst als „Orte anspruchsvoller Bildung“ und hoher pädagogischer Qualität durch eine Studie des Heidelberger Sinus-Instituts eindrucksvoll bestätigt. Teilweise liegen solche Schulen in der ‚Diaspora‘. Konfes- sionelle Schulen repräsentieren und reproduzieren keine konfessionellen Milieus mehr. Inzwischen liegt ihre ‚Mission‘ woanders. Etwas steil formuliert, kann sie als ein „Zeichen der Präsenz Gottes“ (GS 11) verstanden werden – ein Zeichen, ein besonderes von vielen! Befund der Sinus-Studie war allerdings, dass die ignatianischen Schulen nicht von allen Befragten als ein solches Zeichen erlebt werden, nicht einmal als ‚Fragezeichen‘. Dass dort nämlich ‚die Frage nach Gott wachgehalten‘ wird, können nur wenige (42%) Schüler bestätigen. Zur Profilierung dieses Zeichens dürfte es nicht hinreichend sein, an der Schule eine neue ‚Stelle quasi für symbolische Gottespräsenz‘ einzurichten (Ausbau- strategie); oder diese Aufgabe an die Religionslehrer abzutreten (Delegationsstrategie), gar an die verbleibenden Geistlichen (Repräsentationsstrategie), also an die auf dem „Gottestrip“ (Friedhelm Mennekes). Das Zeichen der Präsenz Gottes lässt sich auch nicht per Diktat durchsetzen. Es findet nur Akzeptanz, wenn es kommunikativ erarbeitet wird. Dieses Zeichen hat viele Facetten und müsste von allen an der Schule Beteiligten kreativ durchbuchstabiert werden – auch und gerade angesichts der wachsenden religiös-weltanschaulichen Pluralität unter den Lehrkräften, Schülern und Eltern. Auch die Katholik*innen unter ihnen sind spirituell heterogener als in einer einfältigen Konsensfiktion oft unterstellt wird. Eine katholische Identität gibt es nur im Plural und in Dauerreflexion. In einer Verschränkung von Traditions- und Partizipationslogik müsste situativ eine Art ‚ABC der Ignatianischen Pädagogik‘ entfaltet werden. Um nur ein Beispiel zu nennen: In einem solchen ‚ABC‘ ist dem Buchstaben „G“ für „Gerechtigkeit“ eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken, ist sie doch einerseits ein zentrales Attribut Gottes und ein zentraler Aspekt der Ignatianischen Pädagogik. Andererseits halten sie knapp die Hälfte der befragten Schüler*innen 20 SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

für unterbelichtet. Wo es nicht gerecht zugeht, kann dies nur als Zeichen der ‚Ignoranz Gottes‘ oder als Fehlhinweis erfahren werden. Einer ignatianischen Schule würde es gut anstehen, ja, sie könnte in einer „Gesellschaft der Singularitäten“ (Andreas Reckwitz) ihre Singularität steigern, wenn es ihr gelänge, Strukturen zu identifizieren und zu verändern, die es bestimmten Schüler*innen erschweren, erfolgreich zu sein, oder die der Grund dafür sind, dass Menschen mit bestimmten Merkmalen bevorzugt werden. Die Arbeit an der Gerechtigkeitsthematik wäre ein Beispiel für die Arbeit an einem zentralen schulspezifischen ‚Zeichen der Präsenz Gottes‘, an einem Identitätsmarker. Mit der Beurteilungsgerechtigkeit kämen automatisch auch die viel größere Reich- weite und Komplexität der Gerechtigkeitsthematik in den Blick. So könnte sie auch die Fähigkeit zu kritischem Nachdenken darüber wecken, ob unsere Gesellschaft dazu beiträgt, allen Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen. Michael N. Ebertz 21 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

Identitäts-Suche nach dem verborgenen Ich Lange und beschwerlich sei der Weg bis zu uns selber; er führe durch verschiedenste Überraschungen und Hindernisse hindurch. Es sei nicht leicht festzustellen, wann wir wirklich bei uns angekommen seien, wir die Identität gefunden hätten. – Ist es da, wo wir den Eindruck haben, dass unsere tieferen Gefühle auf ihre Rechnung kommen, sie in uns harmonisch zusammenklingen, wir endlich tun dürfen, was wir wollen? Frei und souverän auf eigenen Füßen, ohne Zwänge und Konventionen. Fast so, wie es im Lied von Reinhard May heißt: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Jedoch: Suchen wir uns und die eigene Identität, dann sind wir wohl gut beraten, uns nicht in den Wolken umzusehen, sondern da, wo wir die Füße auf den Boden haben. In den Beziehungen mit der Erde, mit unseren Kontakten und Tätigkeiten. Nicht selten nämlich sind es gute Beobachtungen von außen, ein hilfreiches Wort oder ein guter Rat, der uns in die eigene Spur hilft. Oder es mag die lange, oft mühsame Ausübung eines Berufes sein, die uns näher zu uns bringt. Im Tun, im geduldigen Probieren zeichnen sich oft reale Begabungen und Vorlieben ab. Dabei werden notgedrungen auch eigene Grenzen sichtbar. Schon oft haben Menschen erst dort angefangen, wirklich zu leben, wo sie gefordert wurden und an die Wand gedrängt waren. In der Tat ist es nicht selten, dass wir erst da, wo wir eigene wie auch fremde Grenzen berühren, zu uns selber erwachen. Ist dies der Weg zur gesuchten Identität? Zeigt sich das verborgene Ich in der Tat erst in der Berührung mit eigenen Grenzen? Etwas Wahres ist gewiss dabei. Wir kommen uns näher, wenn wir, schlicht gesagt, uns etwas zutrauen, wir es wagen, unbekanntes Land zu betreten. So nach dem Satz eines großen Spirituals, P. Georg Mühlenbrock SJ: „Tue in deinem Leben immer etwas, wovor du ein bisschen Angst hast.“ Dieser Satz weist andeutungsweise auf das hin, was den Aposteln an Pfingsten widerfahren ist. Wo sie vom Heiligen Geist erfüllt wurden, da fielen alle ihre Existenzängste ab, plötzlich und unerwartet. 22 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT GEISTLICHER IMPULS Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.

Von einem unerklärlichen Mut wurden sie so erfüllt, dass sie ihre eigenen verriegelten Gemächer verließen und in die grosse Öffentlichkeit hinaustraten. Ihr Herz war so erfüllt von dem, was ihnen zugestossen war, dass sie nicht anders konnten, als laut davon zu predigen. Man erkennt sie nicht wieder. In großem Freimut wird das einzig Wichtige allen, die zuhören, verkündet: Jesus, der gekreuzigt wurde, ist auferstanden und hat den Heiligen Geist gesandt. Für uns übersetzt: Näher kommen wir uns als Gläubige da, wo wir uns diesem Wind des Heiligen Geistes aussetzen und uns von ihm erfüllen und tragen lassen. Da erst geraten wir in Kontakt mit unseren innersten Kräften, spüren wir den Mut, uns selber zu sein. In diesem Heiligen Geist werden wir fähig, die Ufer der eigenen Sicherheit hinter uns zu lassen und von ihnen abzustoßen. Und siehe da: Wir leben leichter, können mit Unsicherheiten besser umgehen, brauchen nicht mehr alles und jedes Detail unter Kontrolle zu halten; wir müssen nicht wissen, was der morgige Tag bringt. Der leise Hauch des Heiligen Geistes, der unser Lebensschiff bewegt und nach vorne bringt, ist größer und auf die Länge wirksamer, als was wir selbst zustande brächten. Wir lassen uns von ihm in die Weite ziehen und werden dadurch in die eigene Mitte geführt. P. Hans Schaller SJ

NACHRICHTEN 24 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Neues aus dem Jesuitenorden Ökumenischer offener Brief kritisiert CSU-Spitze Mit einem Offenen Brief an die Führungsspitze der CSU sowie an die Wähler haben sich im Mai in Nürnberg hundert Vertreter aus beiden Kirchen und gesellschaftlichen Organisationen an die Öffentlichkeit gewandt. Darin legen sie dar, was ihrer Ansicht nach „Merkmale einer christlichen und sozialen Politik“ sind, und wollen somit einen Beitrag zu dieser nicht erst seit dem Kreuzerlass in Bayern stattfindenden Debatte liefern. Initiatoren des Schreibens sind der Jesuit und Sozialwissenschaftler Jörg Alt, der katholische Würzburger Hochschulpfarrer Burkard Hose und die Juristin Beatrice von Weizsäcker, die auch Mitglied des Präsidiums des Evangelischen Kirchentags ist. Eine christliche und soziale Politik hat sich nach Ansicht der Unterzeichner verantwortungsvoll an den Realitäten einer zunehmend globalisierten Welt zu orientieren. Dies müsse den Wählern vermittelt werden. Es gelte, eine verkürzende Symbolpolitik abzulehnen und christliche, am Evangelium orientierte Werte nicht nur in Parteiprogrammen, sondern auch in tagespolitischen Entscheidungen auszudrücken. Politik müsse im Namen gesellschaftlicher Solidarität und sozialen Zusammenhalts betrieben werden und dürfe dabei nicht an nationalen Grenzen enden. Ausgrenzungen anderer Menschen unabhängig von Religion, Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung müssten vermieden werden. Bonner Aloisiuskolleg schließt Internat Das Aloisiuskolleg (Ako) in Bonn hat bekannt gegeben, dass das Internat der Schule zum Ende des Schuljahres geschlossen wird. Die Einrichtung des Jesuitenordens wurde zuletzt nur noch von 68 Jugendlichen bewohnt. Da nach den Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr weniger als 50 Interne zu erwarten wären, habe der Träger und der Orden – wie Rektor Martin Löwenstein SJ erklärt – keine andere Wahl mehr gehabt, als diesen Bereich nun zu schließen. Die Gruppengrößen des Internats ließen keine pädagogisch verantwortbare Internatsarbeit mehr zu. Auch wirtschaftlich sei die erforderliche Mindestgröße damit dauerhaft unterschritten. Die Schließung entspricht einem deutschlandweiten Trend. Während große Einrichtungen wie das Kolleg St. Blasien sich Die Initiatoren des Schreibens von rechts: Jesuit und Sozialwissenschaftler Jörg Alt, Juristin Beatrice von Weizsäcker, Mitglied des Präsidiums des Evangelischen Kirchentags und Burkard Hose, katholischer Würzburger Hochschulpfarrer © SJ-Bild

gut entwickeln, stehen die mittleren und kleinen Einrichtungen sehr unter Druck. „Es gibt keinerlei empirische Daten, was über den Trend hinaus für die Entwicklung eine Rolle gespielt hat. Ich persönlich vermute aber, dass nach 2010 speziell für das AKO die Aufdeckung von Gewalt und Übergriffen eine Rolle gespielt hat“, sagt Löwenstein. Das gesamte Team werde nun nach Zukunftsoptionen für die Schüler aber auch für die betroffenen Mitarbeiter suchen. Für die Oberstufen Schüler wird das AKO ein Studienhaus einrichten. GONZAGAprep bietet einen Ort und ein pädagogisches Konzept für die Zeit der Abitursvorbereitung. Begleitet von pädagogischen Fachkräften leben und lernen bis zu 25 junge Menschen in einem eigenen Haus. Gemeinsam gestalten sie ihr Zusammenleben. Kommunikation ist unsere DNA Aus 19 Ländern innerhalb und außerhalb Europas kamen Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit der Jesuiten zu ihrem jährlichen Treffen in Brüssel zusammen. Das jährliche Treffen „JesWeb“ wurde 2005 von einer Gruppe Jesuiten und Mitarbeitern gegründet, die für Homepages der Jesuiten verantwortlich waren. Philip Debruyne SJ, Kommunikationsverantwortlicher für die europäische Provinziälekonferenz, ist das längste Mitglied von JesWeb. „Zu Beginn waren die Treffen mehr charismatisch als professionell. Heute haben fast alle Provinzen professionelle Mitarbeiter im Bereich Kommunikation. Inzwischen geht es daher mehr um Strategiefindung, Kreativität und Zusammenarbeit.“ Als Kontrast war Pia Dyckmans, seit Dezember 2017 verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit der deutschen Provinz, das erste Mal bei diesem Treffen dabei. „Ich fand das Treffen sehr kreativ, konstruktiv und inspirierend. Es sind einige neue Ideen für unsere Öffentlichkeitsarbeit entstanden.“ Ein Ergebnis dieses Treffen ist der neue Instagram-Kanal der 25 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT Die Teilnehmer der JesWeb Konferenz in Brüssel. © SJ-Bild

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