Jesuiten 2019-1

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, „Dieses Heft ist uns ja ganz gut gelungen. ABER wir hätten vieles noch besser machen können.“ Da ist er bereits zu Beginn unseres Heftes: ein „ABERgeist“ im wahrsten Sinne des Wortes. Anstatt uns in unserer Freude zu lassen, dass uns als Redaktion etwas gut gelungen ist, flüstert uns etwas oder jemand ein, dass wir es (natürlich) noch hätten besser machen können – und stellt damit alles, was gut ist, in Frage. Hört man zu oft auf einen solchen Abergeist, wird man depressiv, verliert die Lust sich für etwas zu mühen, weil es immer etwas gibt, was man noch besser hätte machen können. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, warum „Abergeister“ eine deutsche Übersetzung von „Dämonen“ aus dem Neuen Testament ist (der Theologie Fridolin Stier hat den Ausdruck so übersetzt). Diese Stimmen, die ohne Zweifel oft aus uns selbst kommen, haben eine dämonische Kraft, führen uns in Versuchung, suchen unsere Schwäche. In der christlichen Tradition gibt es seit frühester Zeit auch eine Weise des Umgehens mit diesen inneren Stimmen, die uns weg von Gott und vom Leben locken wollen. In der ignatianischen Tradition nennen wir das auch „Unterscheidung der Geister“. Kein Zweifel – Abergeister gehören zu unserem Leben. Sie auszutreiben, ist schwierig. Einfacher ist es, mit ihnen umgehen zu lernen und sie auf diese Weise zu entzaubern. In diesem Heft wollen wir den vielfältigen Spuren der Abergeister, und wie wir mit ihnen leben können, nachgehen. Wir treffen sie in verschiedenen Arbeitskontexten und Lebenssituationen. In der Bibel wie im Koran, in der ägyptischen Wüste wie auch im Kontext von Psychiatrie kommen sie vor. Sie begegnen Menschen unterschiedlich in verschiedenen Lebensphasen, zeigen sich in der Jugend anders als in der „Mid-Life-Crisis“ oder im Alter. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und guten (Widerstands-)Geist gegen Ihre ABERgeister. Christian Braunigger Sebastian Maly Claus Recktenwald 1 JESUITEN n MÄRZ 2019 n ABERGEISTER

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