Jesuiten 2019-4

10 JESUITEN n DEZEMBER 2019 n THEO:POESIE SCHWERPUNKT Fragmente meines Betens Unser Karmel ist ein Kloster in der pulsierenden Großstadt Berlin, neben der Gedenkkirche der deutschen Katholiken für die Opfer der Nazi-Diktatur. Der Alltag ist geprägt von Gebet, Stille und Begegnungen mit vielen Menschen. Dichtung und Gebet sind für mich ineinander verwoben. Die holländische Jüdin Etty Hillesum schrieb in ihren Tagebuchaufzeichnungen: „Es ist kein Dichter in mir, es ist nur ein Teilchen von Gott in mir, das zum Dichter heranwachsen könnte.“ Diese Teilchen von Gott in uns, ist vielleicht die Kraft, die uns zum Beten inspiriert. Einige Fragmente aus meiner Gebetserfahrung möchte ich teilen: Die Hoffnung wecken Morgenlob in der Krypta der Gedenkkirche. Ein sammelnder Raum. Unsere Gemeinschaft, die Gäste, der Ort der Märtyrer. Eintauchen in die Psalmen. Ein Teppich aus heiligen Worten, mal fließend, dann mühsam, doch heilsam: Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen. (Ps 104,30) Den Atem der Hoffnung in den Psalmen spüren. Den Odem Gottes in den neuen Tag fließen lassen. Alltagsfarben Ich stehe an der Kasse im Klosterladen und nehme die Menschen wahr: entspannt und freundlich, hektisch oder müde. Was bewegt sie? Fragen gehen mit. Du, der ist - auch in uns; mögen alle dich sehen – auch in mir, möge ich den Weg bereiten für dich. Möge ich dabei die Not der anderen nicht vergessen. (Dag Hammarskjöld) Atempause Mittagsgebet. Ich komme an. Atempause. In Deiner Nähe starker Gott. Die Glocken läuten. Gemeinsam eintauchen in die Psalmen: Aufleben soll euer Herz für immer. (Ps 22,27)

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