Jesuiten 2023-1 (Deutschland-Ausgabe)

#laufbuddy – Laufen für die, bei denen es gerade nicht gut läuft Pilgerfahrten sind oft mit einem Dank oder einer Bitte verbunden. In den Corona-Hochphasen war dies nicht möglich, aber Christian Andrees hat auf eine andere Weise Gebet und Bewegung miteinander verbunden. Ich laufe. Gerne und viel. Meistens bin ich morgens gleich als erstes draußen. Dann genieße ich die Ruhe. Besonders am Wochenende scheint die Stadt noch komplett zu schlafen. Zum Laufen suche ich mir abgelegene Strecken in Parks oder am Stadtrand. Durch das Laufen habe ich erst so richtig wahrgenommen, dass Berlin eine wirklich grüne Stadt ist. Der gleichmäßige Rhythmus meiner Schritte versetzt mich dabei in eine beinahe meditative Stimmung. Am Anfang der Corona-Zeit war das Laufen für mich ein guter Ausgleich zum Homeoffice und zur Betreuung des Homeschoolings meiner Töchter. Eine Kollegin, die sich damals in Quarantäne begeben musste, bat mich, für sie eine Strecke mitzulaufen. Als sich weitere Bekannte mit dem gleichen Anliegen bei mir meldeten, hatte sich daraus das Projekt #laufbuddy entwickelt. Ich bin für Menschen gelaufen, denen es gerade nicht gut ging. Auf Instagram habe ich ihre Anliegen geteilt, verbunden mit wenigen Bitten für sie selbst und ihre Lebenssituation. Da war beispielsweise Sophia, deren Eltern und ihr damals zwei Jahre alter Sohn an Corona erkrankt waren, kurz bevor sie sich selbst ansteckte und es noch keinen Impfstoff für alle gab. Oder Katja, die ihren Mann bei einem Autounfall verloren hatte. Ein Laufbuddy ist eigentlich ein Weggefährte auf der Laufstrecke, der oder die einen beim eigenen Laufen begleitet, motiviert und unterstützt. Wenn ich für andere Laufbuddy bin, verstehe ich mich als ein Begleiter für Menschen, denen die eigenen Wege gerade schwer geworden sind. Ich will ihnen so eine Hilfe sein, um manche Wege überhaupt erst weitergehen zu können. So ein Lauf ist anders. Es geht nicht um Zeiten oder Kilometer. Es geht um die andere Person, die ich in Gedanken mit auf meinen Weg nehme. Ich mache mir den Menschen und seine Lebenssituation bewusst. Beim Laufen habe ich dann oft das Gefühl, eins zu sein: mit dem Menschen, für den ich laufe, mit mir selbst, mit der Natur um mich herum und auch mit Gott. Manchmal kommen Worte, die sich zu Bitten formen. Manchmal bleiben die Stille und Fassungslosigkeit über das fremde Schicksal. Alle stelle ich unterwegs in die Gegenwart Gottes. Ich hoffe und glaube fest daran, dass ein solcher Lauf anders ist und etwas bewirkt – für mich, aber vor allem auch für die Menschen, für die ich laufe. Und manchmal läuft es dann wieder. Foto: Thomas Junghans: Miles Away II – Cubicus – Vom Wohlklang der Nacht Christian Andrees liebt das Abenteuerliche und die Herausforderungen – nicht nur in der Natur. Der Theologe und Pastoralreferent arbeitet als Geistlicher Leiter beim BDKJ Berlin und als kirchlicher Organisationsberater im Erzbistum Berlin. 7 SCHWERPUNKT

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