Jesuiten 2010-1

März 2010/1 Jesuiten 1 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, „Wohin steuerst Du,Kirche?“ oder „Erreicht die Kirche heute noch mit ihrer Botschaft die Menschen?“ Weshalb ist diese Frage in einer Organisation so häufig zu hören,die immer noch eine der größten gesellschaftlichen Gruppen ist? Noch immer gehen sonntags mehr Menschen in die Kirche als samstags in die Fußballstadien und zeigen tausende christlich motivierter Ehrenamtlicher,dass der Ellbogen für den Menschen nicht das wichtigste Körperteil ist. Woher kommen die Unsicherheit und das Suchen nach der eigenen Identität? Nun ist es ein Leichtes,die Krisensymptome der Kirche in Deutschland aufzuzählen:Mitgliederschwund,abnehmende Glaubwürdigkeit,Schwäche der Institutionen,Priestermangel,Kritik und Misstrauen gegenüber Leitung und Priestern,mitunter ein Auseinander von Lehre und Leben,die Strukturänderungen in den Diözesen,und anderes mehr. Beim Umgang mit all dem ist es manchmal schwer,das Morgen zu sehen,die Richtung, in die wir gehen und die Kirche,die wir selbst sind und an der wir bauen.Es gibt so viele verschiedene Baustellen,dass der Plan fürs Ganze in den Hintergrund tritt.Aber gibt es überhaupt noch so etwas wie einen gemeinsamen Plan,eine verbindende Idee,wie Kirche aussehen könnte? Zurzeit ändert sich viel für und in der Kirche. Wie bestimmt der Jesuitenorden in diesem Umbruch seine Position im Verhältnis von Kirche und Welt, Kirche und Gesellschaft neu? Nicht dass es fertige Antworten gäbe! Aber es gibt Berichte darüber,was wir probieren. Pater Mertes beleuchtet in seinem Beitrag Veränderungen im Selbstverständnis unseres Arbeitens.Pater Hagenkord schaut auf eines der strahlenden Beispiele des Ordens,Petrus Canisius,um dort zu finden,was die Kirche in der Krise braucht.Oder um zu entdecken, dass es das Rezept vielleicht gar nicht geben kann. In einem Interview beschreibt Maria Faßnacht die unsichere Situation einer Kirche im Umbruch am Beispiel der Diözese Speyer. Die notwendige aber zuweilen auch quälende und lähmende Selbstreflexion darf unsere Kräfte nicht zu sehr binden.Darauf weisen Sr. Michaela Bank sowie Mitbrüder in Werkstattberichten aus Nürnberg und dem Netzwerk Ignatianisch hin. Siegfried Grillmeyer,Leiter des CPH in Nürnberg,berichtet darüber,was ihn bei den ganzen Umbauarbeiten der Kirche antreibt. Natürlich können wir nicht übergehen,was in den letzten Monaten öffentlich geworden ist – eine Krise unseres Ordens hier in Deutschland. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Abschluss der Diskussion wird Pater Provinzial im zweiten Teil des Heftes auf die Missbrauchsfälle durch Jesuiten eingehen.In der Redaktion sind wir am Überlegen,wie wir dieses Thema weiterhin angemessen aufarbeiten können. Krise als Chance? Wir lernen und verändern uns,müssen bescheidener werden.Vielleicht aber sind der Mut zu Offenheit und Transparenz,die wir derzeit brauchen,auch eine der Qualitäten,die auf der Baustelle der Kirche von morgen gefragt ist. Bernd Hagenkord SJ Johann Spermann SJ

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