Jesuiten 2010-1

Predigt-Kirchen,Orte also,wo gesprochen wurde, wo geistlicheVorträge gehalten, Exerzitien gegeben,zu Gesprächen eingeladen und Versöhnung mit Gott geschenkt wurde. Priestersein lässt sich nicht auf die Feier der Eucharistie reduzieren. Missionarisches Wirken setzt voraus,die Gemeinde zu verlassen, in der die Eucharistie gefeiert wird.Wir tun dies, um in eine Welt zu treten, in der dieser Aspekt priesterlichen Wirkens zunächst einmal nicht abgefragt wird.Die Finanzkrise als „Zeichen der Zeit“ macht uns also freier,andere Aspekte des priesterlichen Dienstes als Ordensangehöriger in den Blick zu nehmen. Vielleicht liegt darin auch ein Hinweis für die Kirche:Wenn sie nur Priester will,um Gemeinden zu versorgen,wird sie weder das eine noch das andere erhalten.Das aber bedeutet:Abschied von der engen programmatischen Verkettung zwischen Priestertum und Gemeindeversorgung. Ein neuer Blick auf unsere eigenen Werke Eigentlich ist Ordensleben eine gigantische Form von Ehrenamtlichkeit.Die Finanzkrise der Bistümer hat neu dazu geführt,dass wir heute viele Arbeiten gratis leisten,für die wir vor zehn Jahren noch Gestellungsgelder bekamen.Wir wollten sie nicht aufgeben,bloß weil wir nicht mehr dafür bezahlt werden. Denn es ist ja klar:Es entspricht nicht dem Geist der Armut,nur die Arbeiten zu leisten, für die wir Geld erhalten. Unsere Werke ruhen im Kern auf einer Gratis-Mentalität.Wir machen unsere Werke nicht,um Geld zu verdienen.Sie sind ein Geschenk an die Kirche,an die Menschen,an die Gesellschaft.Sie begründen auch letztlich für den Orden keine Ansprüche auf Refinanzierung durch diejenigen,denen sie geschenkt sind. Das ist die eine Seite der Medaille.Die andere Seite ist,dass Gratis-Arbeit und eigene Werke eine große Freiheit ermöglichen.Paulus war sehr daran gelegen,seinen Lebensunterhalt mit seiner eigenen Hände Arbeit zu erwirtschaften,um in der Predigt des Evangeliums unabhängig zu sein.Ignatius achtete sorgfältig darauf, dass die Werke, die er gründete,ausreichend Rücklagen hatten,um Abhängigkeiten gegenüber Auftraggebern und Abnehmern zu vermeiden.Er war zu seiner Zeit sogar der Auffassung,dass es ein größerer Dienst für die Kirche sei,wenn der Orden eigene Werke hat, als wenn er fremde Werke, zum Beispiel solche der Bistümer,unterstützt.Das ist natürlich nicht in einer sich ausschließenden Alternative zu sehen, aber macht doch eine Richtung deutlich. Freiheit macht unabhängig und im Fall der Fälle auch konfliktfähig.Sie macht lebendig. Ehrenamtlichkeit ist eine wichtigeVoraussetzung für diese Freiheit.In der Zeit der guten Bezahlung unserer Arbeiten durch „Arbeitgeber“ haben wir Ordensleute vielleicht auch einiges von diesem Geschmack der Freiheit verloren.Die Finanzkrise als Zeichen der Zeit schickt uns wieder auf die Straße des „gratis“,der Ehrenamtlichkeit,in der auch Jesus und seine Jünger wirkten.In diesem Sinne richtet sie unseren Blick wieder stärker auf unsere eigentliche Berufung. ■ Klaus Mertes SJ 4 Jesuiten Schwerpunkt:Kirche wohin?

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