Jesuiten 2010-4

10 Jesuiten Schwerpunkt: Heiliger Alltag Schwerpunkt Von außen nach innen In der systemischen Familientherapie werden oft Rituale angewendet.Mir sind sie in meiner Ausbildung zum Therapeuten begegnet. Skulptur- oder Aufstellungsarbeit wird in der systemischen Therapie als Methode eingesetzt. Bei der Familienaufstellung kann es sein,dass ich für einen Klienten eine Person seiner Familie stelle.Das heißt:mich in diese Person hineindenken und -fühlen,um dem Klienten mehr Einsicht und Klarheit über sein Familiengefüge zu verschaffen. Wenn diese intensive Arbeit vorbei ist,muss man wieder aus der eingenommenen Rolle heraus kommen.Dies machen wir immer mit dem gleichen Ritual:wir klopfen und streifen die Rolle regelrecht von uns,indem wir Beine und Arme mit einer Bewegung der Hände abstreifen,als würden wir den Staub,der sich dort festgesetzt hat,wegwischen.Ich selbst habe beobachtet,als dies vergessen wurde,dass diejenige Person nicht aus ihrer Rolle herauskam.Hokuspokus? Nein! Sondern der Körper und seine Wahrnehmung werden ernst genommen.Und es wird einem inneren Prozess,der angestoßen wurde,ein körperliches Signal des Endes gegeben. Äußerlich angewendet,wirkt diese kleine Körperübung innerlich weiter.Denn unser Körper ist hoch sensibel. Es muss nicht immer eine Therapiesitzung sein,die in mir weiter wirkt und arbeitet,auch wenn die Situation längst vorbei ist.Auch Stress und Ärger auf der Arbeit oder Auseinandersetzungen über bestimmte Themen werden gern mit nach Hause genommen. Aber wie werde ich diese Gedanken,die meinen ganzen Körper besetzen,jetzt an meinem Feierabend los? Jeder hat da so seine eigenen Rituale,von Duschen,Umziehen,Dehnen bis hin zum Abstreifen wie oben beschrieben.Da gibt es noch viel mehr.Ich stelle dabei immer wieder fest:Mein Körper hört auf mich. ■ Holger Adler SJ Den Körper und seine Wahrnehmungen ernst nehmen © KNA-Bild

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==