Jesuiten 2010-4

Dezember 2010/4 Jesuiten 11 Schwerpunkt Der Leere einen Raum geben Haben Sie ein gutes „Zeitmanagement“? Mein Alltag am Kolleg St.Blasien ist eingeteilt in feste Dienstzeiten wie Unterricht und Besprechungen sowie viele kleine Gesprächstermine.In den „Zeitfenstern“ dazwischen arbeite ich meine sich ständig erneuernde „To-do“-Liste ab. Plötzlich ist dann der Tag vorbei und ich falle hundemüde ins Bett.Zum Glück gibt es in der Schule alle paar Wochen Ferien.Von einer Stunde auf die andere ist dann das Kolleg wie ausgestorben.Schüler, Lehrer und Erzieher strömen aus dem Haus und es tritt plötzlich eine sonderbare Leere ein. Diese erste Zeit nach der Abreise der Schüler ist eine gute Gelegenheit,für einen Moment selbst still zu werden.Ich spaziere dann gerne durch die Gänge und lasse den Eindruck der leeren Klassenzimmer auf mich wirken.Für einen Moment bin ich abgeschaltet vom Strom der Betriebsamkeit.So etwas wie Dankbarkeit steigt auf für die geschenkte Zeit.Natürlich ist auch hier die Möglichkeit,diese Leere gleich wieder mit Nützlichem zu füllen.Ich kann mein Büro aufräumen,ich kann das viele Liegengebliebene abarbeiten und ich kann selbstverständlich auch die anstehenden Ferientage gleich wieder verplanen.Es ist ein Leichtes, auch die Ferienzeit so zuzupflastern,dass keine Leere mehr zu spüren ist.Ich kann dieser Leere in mir aber auch bewusst Raum geben,und das sehr wohl auch im Alltag.Allerdings ist das schwieriger,denn oft drängen sich dann Dinge ins Bewusstsein,die noch zu erledigen sind.Es ist deshalb sehr hilfreich,eine solche Leerzeit bewusst mit einem Gebet zu eröffnen.Ich bitte z.B.um Kraft,zehn Minuten Leere auszuhalten.Dann kann in mir auch mitten im Alltag diese wohltuende Ruhe eintreten,in der die Zeit still steht und ich ganz „da“ bin. Für ein paar Augenblicke bin ich frei von jedem „Müssen“ und lausche darauf,wie Gott in meiner Leere anwesend ist. ■ Ludger Joos SJ Kolleg St.Blasien Foto: Joos

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